AERZTE Steiermark 04 2025

BEREICH ÆRZTE Steiermark || 04|2025 7 Die Ergebnisse der aktuellen österreichweiten Spitalsärzteumfrage zeigen deutlich: Es gibt großen Handlungsbedarf im Gesundheitssystem. Dass nur noch 62 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte angeben, ihren Beruf wieder ergreifen zu wollen, ist ein ernstzunehmendes Signal. Es macht deutlich, dass viele Spitalsärztinnen und -ärzte mit herausfordernden Rahmenbedingungen konfrontiert sind, die ihre Berufszufriedenheit sehr beeinträchtigen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, gemeinsam gezielte Maßnahmen zu setzen, um die Arbeitsbedingungen spürbar zu verbessern und die Attraktivität des Arztberufs nachhaltig zu stärken. Statt Medizin zu machen, versinken sie in Bürokratie. Statt sich den Patientinnen und Patienten zu widmen, kämpfen sie mit veralteten IT-Systemen, Überlastung und fehlender Unterstützung. Zu viel ihrer Arbeitszeit verbringen sie mittlerweile mit Administration und Dokumentation – das ist eine gesundheitspolitische Sackgasse. Diese Zeit fehlt am Krankenbett. Die Ärztinnen und Ärzte kämpfen seit Jahren mit zunehmender Arbeitsverdichtung – ein alarmierendes Zeichen für strukturelle Versäumnisse. Wenn drei Viertel der Kolleginnen und Kollegen sich nicht vorstellen können, bei der aktuellen Belastung bis zur Pension im Spital zu arbeiten, ist das zwar ein gutes Signal für den niedergelassenen Bereich aber ein fatales Zeichen für die Spitäler. Und das in einer Zeit, in der wir jede einzelne Ärztin und jeden einzelnen Arzt dringend brauchen. Es bedarf endlich einer bundesweiten, verbindlichen Patientenlenkung, flächendeckender Dokumentationsassistent:innen, eines funktionierenden KI-unterstützten Systems, das den Namen verdient. Essenziell sind: Arbeitsbedingungen, die Ärztinnen und Ärzten wieder ermöglichen, das zu tun, wofür sie ausgebildet wurden – für die bestmögliche personenbezogene Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten. Die Politik ist nun besonders gefordert, gemeinsam mit allen Beteiligten zukunftsweisende Lösungen zu gestalten. Die Herausforderungen sind klar benannt – jetzt braucht es konkrete Schritte und echten Reformwillen. Auch unsere Aufgabe als Standesvertretung ist klar: Wir bringen die Anliegen aller Arztinnen und Ärzte mit Nachdruck ein und arbeiten an Lösungen, die den Berufsalltag wieder tragfähig machen und das System langfristig stärken. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark Mit großer Irritation und wachsender Empörung nehmen wir die jüngsten Informationsschreiben der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zur Kenntnis. Darin fordert die Kasse ihre Vertragspartner – also uns Ärztinnen und Ärzte – offen dazu auf, Leistungen einzuschränken, Behandlungen zu hinterfragen und – wenn möglich – Leistungen zur privaten Verrechnung an die Patientinnen und Patienten weiterzureichen. Das macht einen fast sprachlos. Deshalb möchte ich es ganz klar formulieren: Das ist ein Frontalangriff auf die solidarische Gesundheitsversorgung in Österreich! Die Verantwortung für ein strukturelles Finanzdesaster wird nun an der Basis abgeladen – bei jenen, die täglich unter schwierigen Bedingungen das System am Laufen halten. Wir Ärztinnen und Ärzte sollen dafür herhalten. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, Patientinnen und Patienten nach ihrer Zahlungsfähigkeit zu sortieren! Wir sind keine Sparkommissarinnen und -kommissare, sondern Ärztinnen und Ärzte. Wir behandeln nach medizinischer Notwendigkeit, nicht nach der Budgetlage der ÖGK. Gerade in Zeiten steigender Patientenzahlen, wachsender Bürokratie und personeller Engpässe brauchen wir Entlastung und Rückhalt – und keine Sparappelle und moralischen Druck von „oben.“ Die ÖGK verkennt völlig, was tagtäglich in unseren Ordinationen geleistet wird. Statt uns zu Partner:innen auf Augenhöhe zu machen, werden wir zum verlängerten Arm eines defizitären Systems degradiert. Das ist nicht akzeptabel. Wer glaubt, die Misere der Kasse durch medizinisches Rationieren oder versteckte Zwei-Klassen-Medizin lösen zu können, verkennt die Realität. Wir fordern endlich eine ehrliche Diskussion über die Finanzierung unseres Gesundheitssystems, statt unhaltbare Zumutungen an jene zu richten, die ohnehin schon am Limit arbeiten. Die roten Zahlen der ÖGK dürfen nicht zur roten Linie für die Versorgung werden! Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte EXTRA Dietmar Bayer Diagnose: Finanznot – Therapie: Rationierung? STANDORTBESTIMMUNG Michael Sacherer Alarmstufe Rot im Spital – Jetzt braucht es echte Reformen! DEBATTE Fotos: Marusa Puhek, Furgler, Schiffer

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