AERZTE Steiermark 04 2025

6 ÆRZTE Steiermark || 04|2025 BEREICH INTRA KONT A DEBATTE Sandra Krautwaschl Zwischen Personalmangel und Planlosigkeit – und was wir dagegen tun können Die steirische Gesundheitspolitik steht an einem Kipppunkt. Während der Druck auf Ärzt:innen und Pflegepersonal stetig wächst, bröckeln gleichzeitig jene Strukturen, die eigentlich für Stabilität sorgen sollten. Das jüngste Aus für „MedMobil 1450“ in drei Pilotregionen ist nur das sichtbarste Symptom eines tieferliegenden Problems: Große Ankündigungen, wenig Substanz – am Ende bleibt die Versorgung auf der Strecke. In einem der teuersten Gesundheitssysteme Europas fehlt es nicht an Geld, sondern an Planung. Die Steiermark investierte 2024 rund 1,9 Milliarden Euro in das Globalbudget für Gesundheit und Pflege – beinahe ein Viertel des Landesbudgets. Der Zuschuss des Landes zur KAGes ist seit 2022 um über 26 % gestiegen. Und dennoch werden Operationen verschoben, Ambulanzen sind überfüllt, Dienstposten bleiben unbesetzt. Die Engpässe im niedergelassenen Bereich verschärfen die Situation zusätzlich. Fehlende Kassenstellen, mangelnde Finanzierung anderer Gesundheits- und Sozialberufe und überbordende Bürokratie erschweren die wohnortnahe Versorgung. Viele Menschen wenden sich mangels Alternative an Spitalsambulanzen – oft mit Anliegen, die eigentlich anderswo besser aufgehoben wären. Gesundheitsförderung und Prävention bleiben dabei auf der Strecke, mit Folgen für Patient:innen und die gesamte Versorgungskette. Wer früh und gut versorgt wird, braucht weniger Reparaturmedizin. Genau hier muss angesetzt werden: mit einer starken Primärversorgung, mehr psychosozialen Angeboten und gezielter Förderung der Gesundheitskompetenz. Doch all das braucht einen politischen Rahmen, der über Landesgrenzen hinausdenkt. Eine moderne Versorgungsplanung, abgestimmt und strategisch, statt populistischer Interessenspolitik. Gesundheit ist mehr als Spitalsbetten und Budgetzahlen. Ich weiß aus vielen Gesprächen und aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung als Physiotherapeutin, wie groß der Druck im System ist – und wie viel trotz allem jeden Tag geleistet wird. Politik muss hier verlässlich unterstützen, nicht Hürden schaffen. Damit das Gesundheitswesen nicht zum Dauerstress wird – weder für Patient:innen noch für das Personal. Sandra Krautwaschl Klubobfrau und Sprecherin für Gesundheit & Pflege der Grünen Steiermark Gerhard Posch Personal im Spital: Gezielt und vorausschauend vorsorgen! Wer gut vorsorgen will, muss sich vorher überlegen, wofür er vorsorgt – egal in welchem Bereich. Gerade jetzt wäre zum Beispiel aus Sicht der Ärztekammer für Steiermark der richtige Zeitpunkt, sich um die Versorgung in unseren Spitälern zu kümmern und durch eine aktive, zielgerichtete, vorausschauende und erfolgversprechende Gesundheitspolitik in eine nachhaltige Zukunft unseres Gesundheitssystems zu investieren. Dazu gehört insbesondere auch die Investition in die Ressource Personal. Die Sorge unserer Ärztinnen und Ärzte gilt immer den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten. Deshalb ist jeder Gedanke an Personaleinsparungen fehl am Platz. Unsere Gesellschaft wird immer älter, dadurch werden die Patientinnen und Patienten immer mehr – die Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht weniger werden, weder im Spital noch im niedergelassenen Bereich. Die Wartezeiten sind schon jetzt extrem lang, etwa in der Kinder- und Jugendheilkunde, der Urologie oder der Gynäkologie. Bei der Berechnung des Personalbedarfs müssen deshalb die Wartelisten eine gewichtige Rolle spielen, dieser Faktor darf nicht vernachlässigt werden. Wenn man beispielsweise zehn Prozent des ärztlichen Personals einspart, kann man davon ausgehen, dass die Wartelisten und die Wartezeiten nicht nur um zehn Prozent steigen, sondern exponentiell. Was es braucht, ist eine patienten- und versorgungsorientierte Personalplanung in den Krankenhäusern – und auch außerhalb. Für die Versorgung einer älter werdenden Gesellschaft werden schlichtweg mehr Ärztinnen und Ärzte benötigt. Deshalb sollten wir auch auf unsere älteren Kolleginnen und Kollegen schauen, damit wir sie so lange wie möglich im solidarischen Gesundheitssystem halten können. All das verstehe ich unter „vorausschauend vorsorgen“ für die optimale Gesundheitsversorgung. Dazu gehört ausreichend Personal in klar definierten, abgestuften Versorgungsstrukturen. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte

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