AERZTE Steiermark 04 2025

36 ÆRZTE Steiermark || 04|2025 GEWALT IM GESUNDHEITSWESEN „Aus einer Online-Umfrage, die wir 2022 unter allen steirischen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt haben, ging hervor, dass bereits über 51 % verbal oder schriftlich bedroht wurden, 33 % sogar körperlich“, so Neshat Quitt, niedergelassene KassenAllgemeinmedizinerin in Graz und Referentin für „Ärztliche Sondereinsätze“ in der Ärztekammer Steiermark. Nicht nur der Hass im Netz ist also ein Problem, auch der generelle Umgangston wird rauer und ist im direkten Kontakt mit Patient:innen immer stärker negativ spürbar. Ein ähnliches Bild zeigt eine kürzlich von der Ärztekammer Wien in Auftrag gegebene Studie. Demnach erlebten bereits 55 % der 1.102 Befragten in den letzten beiden Jahren verbale Gewalt, 30 % erhielten beleidigende Kommentare auf sozialen Medien und 20 % sogar persönliche Drohungen per E-Mail. Das sind erschreckende Zahlen. Deeskalation Dem Problem sollte man über zwei Schienen begegnen: Einerseits geht es darum, Sprache und Verhalten zu steuern, um deeskalierend zu wirken. „Ich führe eine Kassenordination in Graz-Liebenau und wir machen regelmäßig Erfahrungen mit ungehaltenen Äußerungen“, so Quitt. Aber anstelle diesen in der gleichen Schärfe zu begegnen, setzt sie auf Aufklärung und Verständnis und fährt damit sehr gut. „Ich habe gelernt, dass sich die allermeisten Situationen durch Deeskalation friedlich lösen lassen“, spricht Quitt über ihre Erfahrungen und betont, dass diese Vorgangsweise auch im Online-Bereich nützlich ist. Es sei natürlich nicht immer leicht, im stressigen Alltag geduldig zu sein und aggressivem Verhalten so zu begegnen, doch versuche man die andere Seite zu verstehen und die Situation friedlich zu lösen. Daraus lernt man, damit sich diese Situationen nicht wiederholen. Rasche, kostenlose Hilfe Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass im Falle eines (verbalen) Angriffs Kolleg:innen eine Anlaufstelle haben. Daher hat man in der Steiermark vor drei Jahren die Vernetzung der HilfeStellen der Ärztekammer Steiermark initiiert. Neben dem Referat für Ärztliche Sondereinsätze und AMBOSS (Anti-Mobbing, Burn-Out Supervisionsstelle) ist dies auch die Ethik- und Beschwerdekommission. Egal, wohin sich Ärzt:innen nun wenden, ihr konkretes Anliegen wird innerhalb der Ärztekammer an die richtige Stelle weitergeleitet. Um auf diesen kostenlosen Service aufmerksam zu machen, wurden Kärtchen mit den wichtigsten Telefonnummern versendet. Die zentrale Botschaft aller Initiativen formuliert Neshat Quitt so: „Es gibt jemanden, der sich auskennt und hilft. Denn in einer so prekären Situation sollte sich niemand alleine gelassen fühlen.“ Veranstaltung am 12. Juni Zusätzlich gibt es Veranstaltungen, die auf die Chancen und Risiken der Sozialen Medien aufmerksam machen. Sie zeigen, wie man sich gut durch die digitale Welt bewegt. „Sobald man online auftritt, kann man auch online bewertet werden“, gibt Quitt zu bedenken. Die nächste Veranstaltung findet im Juni in den offenen Räumen der Ärztekammer Steiermark statt, sie thematisiert, wie man sich im Netz präsentiert, ohne zu sehr angreifbar zu sein. Tipps und rechtliche Hintergründe werden beleuchtet. Außerdem findet eine Podiumsdiskussion statt und es gibt die Möglichkeit für Fragen. Die Veranstaltung ist auch für Student:innen geöffnet. Soziale Medien – Chance oder Gefahr? Der Freispruch im Gerichtsverfahren im Fall Kellermayr ist eine höchst brisante Entscheidung im Umgang mit dem Thema Hass im Netz. Nimmt verbale Gewalt auf sozialen Medien oder Bewertungsplattformen doch immer stärker zu. Doch nicht nur im Netz, auch im direkten Kontakt und sogar physisch machen Ärzt:innen immer öfter unangenehme Erfahrungen. Foto: Verena Kaiser Veranstaltung am 12. Juni 2025 Soziale Medien sinnvoll und sicher nutzen: • Ärzt:innen in den sozialen Medien – Möglichkeiten und Chancen“: Ein Experte zeigt auf, wie Ärztinnen und Ärzte soziale Medien sinnvoll nutzen können. • „Was ist erlaubt, was nicht?“: Ein erfahrener Jurist erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen für Mediziner:innen in sozialen Netzwerken. • „Soziale Medien im medizinischen Alltag – Nutzen oder Risiko?“: Podiumsdiskussion Anmeldungen unter presse@aekstmk.or.at Sofort handeln Polizeinotruf: 133 Hilfe finden: AMBOSS: amboss@aekstmk.or.at +43 664 96 577 49 (Anonymer Telefonkontakt, jeden Do 17-18 Uhr) Zara: www.zara.or.at Neshat Quitt Fachärztin für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg3NzQ1MQ==