AERZTE Steiermark 6 | 2024

Ærzte Steiermark || 06|2024 25 Foto: KAGes/Kanizaj Das erste Ultraschallbild des Fetus zeigte eine Fehlbildung der rechten Lunge des ungeborenen Kindes – in Maribor erhielt ein junges Elternpaar eine äußerst schlechte Prognose für ihr zweites Kind Erik. Statt zu resignieren wandten sich die werdenden Eltern in der 22. Schwangerschaftswoche in die Ambulanz für pränatale Diagnostik und Therapie der KinderChirurgie des LKH-Univ. Klinikums Graz an Philipp Klaritsch, den Leiter der Fetalmedizin an der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe. Klaritsch erinnert sich: „Wir sahen einen bereits massiv betroffenen Fetus, der durch große zystische Lungenveränderungen, genannt CPAM, eine ausgeprägte Verdrängung des Herzens und massive Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle aufwies. Das führt unbehandelt nahezu immer zum Tod des Ungeborenen.“ Da eine Entbindung in der frühen Schwangerschaftswoche keine Option war, legte Klaritsch noch am selben Tag bei Erik unter Ultraschallsicht einen Shunt durch die Brustwand in eine der großen Zysten in der Lunge, wodurch die Flüssigkeit aus der Zyste in die Fruchthöhle abf ließen und der Druck auf das Herz verringert werden konnte. Nach der vorgeburtlich lebensrettendenOPmusste Erik auch nach der Geburt stabilisiert werden. Holger Till, Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie, legte eine Thoraxdrainage und rief den Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Ernst Eber, hinzu. „Ohne die Drainage war der Kleine nicht lebensfähig, mit Drainage nicht entlassungsfähig“, so Till. 1. Mittel- & Oberlappenresektion bei Baby in Graz Bei Erik war zunächst unklar, ob nur der Oberlappen oder gleichzeitig auch der Mittellappen von der Fehlbildung betroffen sind und ob die Luftwege nicht noch zusätzlich verengt sind. Aufgrund der kinderradiologischen Diagnostik und einer einmaligen 3-D-Rekonstruktion der Lunge durch Sebastian Tschauner, Leiter der Klinischen Abteilung für Kinderradiologie, konnte eine Operationsstrategie entwickelt werden: Eine Ober- und eine Mittellappenresektion waren notwendig, eine hochdiffizile OP, wie sie in Graz noch nie durchgeführt worden war. Zwar gab es an der Klinik schon eine oder zwei Oberlappenresektionen bei Neugeborenen mit CPAM und lebensbedrohlichen Atemproblemen, aber noch nie die gleichzeitige Entfernung beider Lappen. Um diese besser zu planen und die Risiken zu antizipieren, hat sich das Grazer Ärzt:innenteam bei den besten Thoraxchirurgen der Welt informiert. Das Kind habe keine andere Chance als die Entfernung des Ober- und Mittellappens der Lunge, waren sich alle Experten einig. „Wir haben dann den Oberlappen reseziert, den Mittellappen reseziert und den Unterlappen belüftet – Erik hat das auf fast wundersame Weise alles gut überstanden. Es gab überhaupt keine Probleme“, so Till. „Keine Nachblutung, keine Fisteln, keine anderen Komplikationen, gar nichts.“ Die von Holger Till geleitete Kinderchirurgie ist seit 2023 ein Expertisezentrum (TypB-Zentrum) für „Intestinale Kongenit a le Anoma l ien“ (ICA), das erste in Österreich. Hier versammelt sich die Expertise für die Behandlung von Kindern mit angeborenen Störungen der Lunge, des Zwerchfells, der Speiseröhre und des Magen-Darmtrakts. „Gerade bei seltenen Erkrankungen, zu denen viele angeborene Fehlbildungen gehören, ist die Expertise eines Zentrums der Schlüssel zum Erfolg“, sagte Till in einer Pressekonferenz aus Anlass der Entlassung von Erik. Die gute Nachricht Baby Erik überlebt Riesenzysten Ein Baby mit massiven Zysten in der Lunge sowohl im Mutterleib als auch nach der Geburt verdankt der innovativen Zusammenarbeit verschiedener Fachärzt*innen im Expertisezentrum (Typ-B) für Babys sein Überleben. Erik schlummert selig in Vaters Arm

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