61 23 NACHRUF Rainer Danzinger 1943–2023 Rainer Danzinger wurde in Salzburg geboren und studierte in Graz Medizin. 1972 bis 1977 war er hier zunächst Assistenzarzt, dann Oberarzt auf der Universitätsklinik für Psychiatrie und Neurologie. Zwi schen 1979 und 1982 wirkte er maßgeblich am Aufbau des Berat ung sz ent r ums f ür psychi sche und soziale Fragen in Graz mit. Ab 1982 fungierte Danzinger als Primar am legendä ren L ande s - krankenhaus für Psychiatrie und Neurolog ie i n Gugging bei Klosterneuburg. In diesen Jahren gab er den Band Gugging – Versuch einer Psychiatriereformmitheraus. 1987 habilitierte sich Danzinger in Graz, übernahm 1991 die Leitung der Abteilung für Psychiatrie der Landesnervenklinik Salzburg und lehrte an der UNI Salzburg. Die Rückkehr nach Graz erfolgte 1996 – als Ärztlicher Direktor der Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz und Primar der 2. Psychiatrischen Abteilung. Hier initiierte Danzinger zusammen mit dem damaligen Ärztekammerpräsidenten Dietmar Bayer in der Ärztekammer Steiermark die Ausstellung „KUNST IST KUNST IST KUNST – Bilder aus seelischen Krisen“, die im Rahmen der Maltherapie der Landesnervenklinik Sigmund Freud und in der Malwerkstätte „Randkunst“ der Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg entstanden waren. Als Leitmotiv Danzingers zeigte sich erneut der Bezug von Psychiatrie und gesellschaftlichem Bewusstsein, wo er auch die Ermordung psychisch Kranker in der Nazizeit brandmarkte. Mit der Ausstellung „wird lokal ein weiterer Schritt z u r S i c h t b a r - keit , zur Öf fentlichkeit für diese Menschengruppe gesetzt, der hilft, das Stigma zu verringern, denn der beste Schutz vor Überg r i f fen ge - gen Psychiat r iepatienten ist eine interessierte und verst ändni svol le Öffentlichkeit“, so Danzinger. In seinem zweiten beruflichen Feld – der Psychoanalyse – war Danzinger seit 1982 Leiter des Wiener Arbeitskreises für Psychoanalyse, 1989 bis 1990 auch Vereins-Leiter. Ab 2008 lehrte er im Grazer Arbeitskreis für Psychoanalyse und im Curriculum des PSY-II-Diploms. Die letzte Fachveranstaltung, an der Danzinger am 15.12.2022 mitwirkte, war der Psychoanalytische Großgruppendialog – Leonardo zum Thema „Wie frei ist die Kunst?“. In dem Zirkel für psychoanalytische Kulturkritik schloss Danzinger vor seinem unerwarteten Tod Anfang Jänner 2023 den Kreis zu einem weiteren seiner Lebensthemen – der Malerei. Bei Danzinger fand eine eindrucksvolle Vita ihre Vervollständigung in 200 Publikationen. Dank Danzinger Rainer Danzinger war Arzt und Psychotherapeut. Er war Maler und Lehrer. Und er war einer der beeindruckendsten Menschen, denen ich in meinem Studium begegnen durfte: Als Psychologiestudentin landete ich als Praktikantin Mitte der 80er-Jahre auf seiner Abteilung im LKH Gugging. Ja, diese Psychiatrie war „total groovy“, wie es damals hieß. Nicht nur wegen des berühmten Künstlerhauses (in das ich nur ein Mal kurz durfte), sondern dank Danzinger: Morgenrunden, bei denen eine Psychologie-Praktikant in gefrag t wurde, reden durfte.Großgruppen mit sämt l ichen Patient:innen, Pf legekräften, Ärzt : innen und dem Herrn Primar, in denen die Patient:innen gefragt waren, reden dur f ten, wirklich gehört wurden. Ein Fasching-Dienstag, den der als Primar verkleidete Psychologe überleben durfte. Ein JahrhundertWinter, in dem der Herr Primar sich persönlich bei jedem Patienten bedankte, der ein Auto am Parkplatz ausgegraben hatte – und es waren viele ( * ) . Selten habe ich so viel gelernt. Fürs ganze Leben – dank Danzinger. Jasmin Novak ( * ) ... damit das Personal in diesem Jahrhundertwinter morgens zum und ab Mittag vom Spitalsgelände gelangen konnte.
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