Das Magazin der Ärztekammer Steiermark Oktober 2022 Flug. Neurologe Jan Jagiello ist mehrfacher Segelflug-Staatsmeister, auch italienischer. Fragen. KJP-Präsidentin Sevecke will „Psychische Gesundheit“ als Schulfach. Nur sie? Folgen. Primar Horvath sprach bei den Grazer Fortbildungstagen über Post-Covid-Reha. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien STEIERMARK Foto: Adobe Stock Wer hilft Ärztinnen und Ärzten, wenn Patientinnen und Patienten im Netz oder in der echten Welt rot sehen? HILFE! Endlich: „Fach“ Allgemeinmedizin | S. 16
WELTÄRZTEBUND Deklaration von Genf DAS ÄRZTLICHE GELÖBNIS Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten wird mein oberstes Anliegen sein. Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren. Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren. Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung, soziale Stellung oder jegliche andere Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten. Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren. Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben. Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern. Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen. Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen. Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können. Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden. Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre. Verabschiedet von der 2. Generalversammlung des Weltärztebundes, Genf, Schweiz, September 1948 und zuletzt revidiert von der 68. Generalversammlung des Weltärztebundes, Chicago, Vereinigte Staaten von Amerika, Oktober 2017 www.wma.net MEDIZINÐIK
Bereich themen Ærzte Steiermark || 10|2022 3 BUCHTIPP Interkulturelle Kompetenz im Krankenhaus. Arzt-Patienten-Kommunikation mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im interkulturellen Setting Von: Martina Schmidhuber Verlag Nomos ISBN 978-3-8487-7522-4 EUR 29,- Im neuen Buch der Grazer Medizinethik-Professorin Martina Schmidhuber werden zwei Herausforderungen, vor denen Krankenhäuser aktuell stehen, in den Fokus genommen: die Betreuung von Menschen mit Demenz sowie von Patient*innen mit Migrationsbiografie. Ihre kommunikativen Einschränkungen fordern das Krankenhauspersonal auf besondere Weise. Anhand theoretischer Konzepte, Fallanalysen und Erfahrungsberichten von Ärzt*innen zeigt Schmidhuber, wie die Arzt-PatientenKommunikation mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im interkulturellen Setting gelingen kann. DATUM 24. Oktober 2022 Start der Europäischen Woche für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OSHA). Damit geht die Kampagne zur Prävention von arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen zu Ende; ab 2023 stehen Gesundheit und Sicherheit im Zeitalter der Digitalisierung im Fokus. LINK: www.secondvictim.at Ärztinnen und Ärzte, die nach einem schweren Zwischenfall mit einem Patienten oder einer Patientin aufgrund ihrer posttraumatischen Reaktionen selbst zum Opfer werden, haben eine neue Anlaufstelle: den Verein Second Victim. Gegründet von der Wiener Anästhesistin Eva Potura in Zeiten der Pandemie, bietet Second Victim Betroffenen in anderen Bundesländern online oder am Telefon Hilfe an. Mehr auf Seite 12. Zahl 29 Prozent der unter 35-jährigen Teilnehmer*innen einer in Deutschland erfolgten Online-Umfrage von YouGov sagen lieber nichts, wenn sie mit Gesundheitsdienstleistungen unzufrieden sind, Ältere trauen sich statistisch gesehen mehr. Interkulturelle Kompetenz im Krankenhaus Arzt-Patienten-Kommunikation mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im interkulturellen Setting Martina Schmidhuber Bioethik in Wissenschaft und Gesellschaft l 16 Illu: Nomos Fortbildungstipp Am 21. und 22. Oktober 2022 findet in hybrider Form der internationale Kongress Essstörungen inklusive European Chapter der Academy for Eating Disorders (AED) online und vor Ort in Alpbach statt. Der Themenbogen spannt sich von Komorbiditäten über verhaltenstherapeutische Ansätze bis hin zu Essstörungen im Nahen Osten. Kongressprogramm und Anmeldeformular unter: www.netzwerk-essstörungen.at IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Mag. Ursula Scholz | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Gernot Zerza, Tel.+43 664 2472673, E-Mail: Zerzagernot@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–. Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert r ckt nach der Richtlin e „Druckerzeugnisse“ ster eichischen Umweltzeichens, ienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung c lti er l i ft - PEFC zertifiziert update im Oktober Schlagzeile Insgesamt bedeuten die neuen Honorarsätze der Notärzt*innen einen budgetären Mehraufwand von 3,2 Millionen Euro, rechnet die Kronen Zeitung vor. „Das steirische Notarztsystem wird mit der Neuregelung im Vergleich zu den anderen Bundesländern deutlich konkurrenzfähiger“, ist sich Ärztekammerpräsident Michael Sacherer sicher. krone.at, 26. August 2022
Bereich themen 4 Ærzte Steiermark || 10|2022 Fotos: Adobe Stock Themen Cover. Hilfe bei Hass 8 Gottfried Dohr: Wir machen Mut 10 Mensch bleiben – kein Opfer werden 12 Arzt im besonderen Dienst. Jan Jagiello. Gleiten bis zur nächsten Wolke 14 Ausbildung. „Fach“-Ärztin/-Arzt für Allgemeinmedizin kommt fix 16 Gesundheitspolitik. Ärztinnen & Ärzte können es – wenn sie dürfen 18 Schule. Am Stundenplan: Mathe, Deutsch – und Psychische Gesundheit 20 Rehabilitation. Long-COVID-Reha made in Styria 24 Gesunder Genuss – Alles Käse 26 Fortbildung. Molekulare Diagnostik spart Therapiekosten 28 Kommunikation. FH Joanneum bildet Gesundheitskommunikator*innen aus 30 Ärztekammer. Wahlen in die Fachgruppen-, Bezirksärzte- und Spitalsärztevertretungen 2022 31 Wirtschaft&Erfolg. Die Altersversorgung des Wohlfahrtsfonds 32 Wirtschaft&Erfolg. Quiet Quitting: Keine Extra-Meile mehr 34 Rat&Daten. Neues zum alten Fax 34 Expertinnentipp. Meldung von Angehörigendaten 36 CIRS. Transportsauerstoff: Kein Signal bei niedrigem Füllstand 36 Forschung. Nach dem Herzinfarkt droht trotz guter Therapie die Herzschwäche 37 Angestellte Ärztinnen und Ärzte Notarzt-Lösung zeigt: Lösungen sind möglich 39 Gem.Einsam. Auszeit 40 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte „Gesundheitsversorgung in die Gegenwart holen“ 41 Starkes Team, großes Ziel 42 Serie. Praktisch Täglich. Bald schmeiß ich alles hin 43 Hausärzt*innen haben eine Schüsselrolle 44 Impfen, testen, behandeln geht jetzt leichter 45 Debatte 6 News 38 Referate 46 Kleinanzeigen 47 Personalia 51 Karikatur 53 Ad Personam 54 Können. Der vielbeschworene Ärztemangel betrifft vor allem das öffentliche Gesundheitswesen. Ärztinnen und Ärzte könnten dort mehr tun, wenn das System sie ließe. Seite 18 Käse. Der „Gesunde Genuss“ widmet sich diesmal einem Nahrungsmittel, das nicht unbedingt als gesund gilt – dem Käse. Doch Käse ist nicht Käse. Seite 26
Ærzte Steiermark || 10|2022 5 Bereich themen Für die Bewerbung um Kassenstellen gibt es eine transparente Richtlinie mit genau definierten Reihungskriterien. Diese „Richtlinie für die Auswahl von Vertragsärzten und Vertragsgruppenpraxen“ kann über die Website der Ärztekammer Steiermark (www.aekstmk. or.at/50?articleId=158) jederzeit heruntergeladen werden. Aber an die 60 Prozent wollen laut aktueller Frage des Monats, dass die Bedingungen erleichtert werden. Während immerhin 31 Prozent die derzeitige Regelung für angemessen halten. Ideen für eine Erleichterung gibt es aber: So gilt die Regel, dass eine Kassenpraxis an fünf Tagen geöffnet haben muss. Was etwa debattiert wird, ist die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche, zumindest dort, wo sich sonst keine Bewerbungen finden. Übrigens: 9 Prozent sind sich nicht sicher, ob sie eine Veränderung wollen. epikrise Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS Stellenbewerbung : Mehrheit will Erleichterungen Foto: Schebesta bild des monats. „Blick über den Tellerrand – Was wir vom Ausland lernen können“, lautete der Titel des diesjährigen Primärversorgungskongresses. Von der „Epupa Primary Health Care Clinic“ im afrikanischen Namibia lässt sich vermutlich nur lernen, was die heimischen Patientinnen und Patienten nur als Zumutung empfinden könnten. Entdeckt hat das Bild dieser für unsere Augen beklemmenden „Gesundheitseinrichtung“ der Präsident des Verbandes Österreichischer medizinischer Softwarehersteller ÖMS, Ing. Eduard Schebesta. Vielleicht sollte man sich mehr dieser Bilder anschauen, um mit der österreichischen Gesundheitsversorgung etwas zufriedener zu sein … n=267 AERZTE Steiermark Frage des Monats: Sollen die Bedingungen für die Bewerbung um eine Kassen- stelle erleichtert werden? Ja. Nein. Weiß nicht/Sonstiges. 59,8 % 2,9 % 31,1 % 9,0 % 59,9 %
6 Ærzte Steiermark || 10|2022 Bereich Gerhard Posch Es gibt Probleme, aber sie sind lösbar Fast täglich gibt es Berichte über die Versorgungsmängel in den öffentlichen steirischen Akutkrankenhäusern. Es fehlen die Ärzt*innen und die Pflegenden, deshalb stehen viele OPTische leer. Patientinnen und Patienten werden wieder heimgeschickt. Darunter leiden die (nicht) behandelnden Ärztinnen und Ärzte genauso wie die (nicht) behandelten Patientinnen und Patienten. Dass es Probleme gibt, wissen wir. Aber es sind lösbare Probleme. Junge Ärztinnen und Ärzte wollen attraktive Ausbildungsangebote, erfahrene Kolleginnen und Kollegen brauchen Arbeitsbedingungen, damit sie ihren Arztberuf im Spital gerne ausüben und ihr Wissen und Können weitergeben können. Das ist beileibe keine Raketenwissenschaft, wie es so schön heißt. Das ist ganz normale Sachpolitik. Sie umzusetzen, erfordert nur ein wenig gesundheitspolitische Courage und die Bereitschaft, auf die Ärztinnen und Ärzte als Fachleute zu hören. Die schlechte Alternative ist: Patientinnen und Patienten, die ein wenig Geld zusammenkratzen können, verlassen das öffentliche Gesundheitssystem in Richtung private Versorgung. Jene, die das nicht können, leiden vor sich hin und verlieren das Vertrauen in die politische Gestaltungskraft völlig. Junge Ärztinnen und Ärzte gehen dorthin, wo die Ausbildung für sie stimmt. Erfahrene Kolleginnen und Kollegen gehen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension. Ihre Expertise geht damit unwiderruflich verloren. Mein Appell an die Politik: Seien wir mutig und gehen wir einen gemeinsamen gesundheitspolitischen Weg. Wenn alle ihre Stärken einbringen, wird das auch zum gemeinsamen Erfolg führen. Die Steirerinnen und Steirer haben es sich verdient. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a … Was ich mich schon längere Zeit frage ist, ob das Österreichische Forum Primärversorgung OEFOP (und manche andere – etwa politische Entscheiderinnen und Entscheider) praktisch nur an Primärversorgungseinheiten (PVE) als Träger der Primärversorgung interessiert sind. Ich denke, dass auch Einzelpraxen, Gruppenpraxen, Praxen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten, Praxen mit angestellten DGKS, Diätberaterinnen oder -beratern, Logopädinnen und Logopäden, Gemeinden mit geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich des sozialen Arbeitens etc. zur Pluralität der Primärversorgung gehören. Nicht zu vergessen sind Netzwerke, für die es in der Steiermark keine Förderung gibt, obwohl das Primärversorgungsgesetz Netzwerke durchaus anerkennt. Es gibt keine one-fits-all-Lösung der Primärversorgung und nicht nur PVE sind die Lösung für die Primärversorgung. Wer gute und förderungswürdige Primärversorgung anbietet, muss eine fachliche und darf keine politische Entscheidung sein. In kleineren Gemeinden, die keine PVE tragen, haben die Menschen dennoch Anspruch auf wohnortnahe Primärversorgung. Hilfe, Unterstützung und auch Geld zur Weiterentwicklung verdienen alle Formen der Primärversorgung. So würde ich eigentlich dieses Forum sehen. Falls dies nicht so gesehen wird, ersuche ich um Umbenennung in Österreichisches Forum für Primärversorgungseinheiten! Dann wäre es wohl nötig, auch ein neues Forum für Primärversorgung zu gründen. Ich kenne mittlerweile viele Kolleginnen und Kollegen, die sich weiterentwickeln wollen, sich sehr gerne auch eine Diätberatung, Diabetesschwester, einen Wundmanager, eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter etc. teilen würden. Auch da braucht man Hilfe, Kontakte und Unterstützung. Auch das ist ein Team rund um die Patient*innen. Dr. Oliver Lammel ist niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin mit ÖGK-Vertrag in Ramsau. 2 d batte Oliver Lammel Nicht nur PVE machen gute Primärversorgung
Bereich Ærzte Steiermark || 10|2022 7 Um die Nichtbesetzbarkeit von notärztlichen Diensten in der Steiermark haben vor allem die Krone, aber auch die Kleine Zeitung, über mehrere Wochen massiv berichtet. Und dann ist es plötzlich wieder still geworden um das heiße Thema. Nicht, weil das Interesse gesunken ist. Sondern weil es deutlich entspannt hat. Der Grund: Nachdem das Land Steiermark die Bezahlung der Notärztinnen und Notärzte auf ein in Österreich konkurrenzfähiges Niveau angehoben hat, verstummten die Klagen. Das ist eine mehr als ermutigende Nachricht. Über die Bezahlung ist eine Lenkung in die gewünschte Richtung offenbar möglich. Es geht dabei nicht nur um die allgemeine Höhe der Bezahlung, sondern auch um den richtigen Einsatz der Mittel. Dabei hat man auf die Ärztekammer gehört, ihr spezifisches Fachwissen ernst genommen. Nun wissen wir, dass die notärztliche Versorgung nicht der einzige Bereich ist, in dem über Mängel berichtet wurde. Diese gehören jetzt Punkt für Punkt abgearbeitet, nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern ganz gezielt und konsequent. So wird es gelingen, viele der Versorgungsprobleme in diesem Land zu lösen – unaufgeregt und sachorientiert. Das kostet natürlich Geld. Das Geld ist aber sehr gut eingesetzt für die ganz konkrete Gesundheitsversorgung der Steirerinnen und Steirer. Das hat die Notärzte-Lösung eindrucksvoll gelehrt. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Ja, es gibt einen Mangel an Ärztinnen und Ärzten, die bereit sind, im ÖGK-System zu arbeiten. Das liegt aber nicht an den Ärztinnen und Ärzten, sondern an den Zwängen und Mängeln im System. Neue Leistungen werden nur schleppend eingeführt, die Tarife sind – speziell in der Steiermark – am Boden. Das gilt ganz besonders für die Allgemeinmedizin, die Kinder- und Jugendheilkunde und die Gynäkologie. Das ist eine im Grunde gute Nachricht. Ein lernfähiges ÖGK-System kann sich in kurzer Zeit so verbessern, dass sich wieder mehr Kolleginnen und Kollegen bereitfinden, im System zu arbeiten. Und mehr Patientinnen und Patienten, die nicht nur ihren Ärztinnen und Ärzten vertrauen (das tun sie sowieso), sondern auch dem System ÖGK zutrauen, ihre Versorgung zu sichern. Kontraproduktiv sind dagegen Rückfälle des Systems in ein absurdes Ärzte-Bashing, das diese verärgert und die Patientinnen und Patienten zutiefst verstört. Ärztinnen und Ärzte (gemeinsam mit allen anderen Freiberuflerinnen und -beruflern) vom Energiekostenkostenausgleich des Bundes auszunehmen, ist genauso ein Schildbürgerstreich, der die Patientinnen und Patienten belastet, wie das Ansinnen einiger ÖGK-Funktionäre, die Wahlarztrückersätze abzuschaffen oder zu glauben, ein schlecht erreichbares Telefon 1450 sei besser als Hausärztin und Hausarzt. Natürlich weiß die ÖGK ganz genau, was sie an ihren Ärztinnen und Ärzten hat. Sie muss das nur konsequent leben. Bei den mittlerweile begonnenen ÖGK-Tarifverhandlungen 2022 kann sie beweisen, dass sie dazu in der Lage ist. Dass ihr die Versicherten und deren anspruchsberechtigte Angehörige tatsächlich am Herzen liegen. Wir – Ärztinnen und Ärzte – sind überzeugt, dass die ÖGK es kann. Sie muss nur wollen. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer Die ÖGK kann – wenn sie will Standortbestimmung Michael Sacherer Notärztelösung zeigt: Gute Lösungen sind möglich d batte Fotos: Ludwig Schedl, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
8 Ærzte Steiermark || 10|2022 Cover Hilfe bei Hass Foto: Adobe Stock
Ærzte Steiermark || 10|2022 9 Cover Ursula Scholz Martin Novak Der Hass (auch) gegen Ärztinnen und Ärzte hat viele Gesichter. Es beginnt bei Mobbing und Bossing (dafür wurde in der Ärztekammer Steiermark bereits vor eineinhalb Jahrzehnten AMBOSS als Anlaufstelle für Betroffene ins Leben gerufen), geht weiter zu verbalen und gelegentlich sogar tätlichen Angriffen aggressiver Patientinnen und Patienten gegen Ärztinnen und Ärzte, aber auch Gesundheitspersonal, und endet vorläufig bei Attacken im Netz. Weil aber die Hassausbrüche vielfältig sind, muss es auch die Hilfe sein. Nur eines gilt immer: Es braucht „eine schnelle Reaktion“, wie es Neshat Quitt, niedergelassene Kassen-Allgemeinmedizinerin in Graz und gemeinsam mit Kristina Köppel-Klepp Referentin für „Ärztliche Sondereinsätze“ in der Ärztekammer Steiermark (Co-Referenten Michael Adomeit, Gerhard Postl und Reinhard Domanyi) fordern. Wer Hilfe sucht, bekommt sie von der richtigen Stelle Die Hilfe-Stellen der Ärztekammer Steiermark haben sich vernetzt, um schnell und tatkräf tig betrof fene Ärztinnen und Ärzte unterstützen zu können. Sie haben auch festgelegt, welche der drei Einrichtungen (neben AMBOSS und dem Referat für Ärztliche Sondereinsätze ist es auch die Ethik- und Beschwerdekommission mit dem Vorsitzenden Univ.-Prof. Ronald Kurz) in welchen Fällen tätig wird. Wobei Ärztinnen und Ärzte nicht wissen müssen, welche der Stellen für ihr konkretes Problem zuständig ist. Egal, wohin sie sich wenden, wird ihr Anliegen Ärztekammerintern an die richtige Stelle weitergleitet. Externe Expertise Wobei es auch kompetente, externe Stellen gibt, mit denen die Ärztekammer teils auch kooperiert. Wenn es um Hass im Netz geht, ist es der Verein Zara, der über langjährige Beratungskompetenz in diesem Bereich verfügt. Quitt betont die Wichtigkeit, auf sämtliche Möglichkeiten vorbereitet zu sein. Wichtig sei die Botschaft „es gibt jemanden, der sich auskennt“ betont sie, egal ob es um rechtliches Wissen, technische (betrifft vor allem das Netz) Kompetenz oder psychotherapeutische Expertise handelt (dazu auch das Interview mit Gottfried Dohr, AMBOSS, auf Seite 10/11). Ärztinnen und Ärzte, die bedrängende Erlebnisse zu verarbeiten haben, von Mobbing bis zum Hass im Netz, brauchen rasch ein kompetentes Hilfsangebot. Die Ärztekammer Steiermark hat dafür ihre Stellen vernetzt. „Es braucht eine schnelle Reaktion.“ Neshat Quitt Foto: kK
10 Ærzte Steiermark || 10|2022 cover Wie und warum ist AMBOSS 2010 entstanden? Es gab zunehmend Fälle von Mobbing und Bossing. Die Führungskräfte waren diesbezüglich nicht hinreichend ausgebildet. Da wurde ich als Arzt und Psychotherapeut vom damaligen Ärztekammerpräsidenten Wol fgang Routil gefragt, ob ich eine solche Stelle leiten würde. Was hat sich seither verändert? Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, das Bewusstsein ist größer geworden. Und das Wissen: Da gibt es eine Stelle, da wird Dir zugehört. Wir können zwar nur stützen und begleiten, wir haben keine rechtliche Kompetenz. In den letzten Jahren gab es mehr Interesse. Das Angebot wurde in anderen Ländern aufgegriffen. Aber die Angst ist nach wie vor groß … angstfreies Arbeiten ist keine Selbstverständlichkeit. Wie viele Anfragen pro Jahr bekommen Sie? Ein Dutzend. Oder weniger. Das ist wohl ein Alarmsignal. Viele trauen sich nicht, ihre Probleme anzusprechen. Dabei entsteht so oft eine sehr gute Lösung. Damit noch mehr Menschen Hilfe in Anspruch nehmen, muss die Kultur des Umganges verändert werden. Denn über das Reden kommen die Leute zusammen. AMBOSS ist nicht die einzige Anlaufstelle? Es gibt die Ethik- und Beschwerdekommission, die sich vor allem mit Patientenbeschwerden befasst. Und es gibt seit Kurzem eine dritte Stelle, die akute Hilfe leistet. Wir tauschen uns auch aus. Manchmal ist es auch notwendig, die Behörden einzuschalten. Was muss geschehen, damit es „Wir machen Mut“ Der Histologe und Psychotherapeut Gottfried Dohr ist einer der fünf Referent*innen, die in der Anti-Mobbing-Burn-Out-Supervisionsstelle (AMBOSS) Kolleginnen und Kollegen helfen. AMBOSS ist aber nicht die einzige Anlaufstelle für Hilfesuchende. Gottfried Dohr (AMBOSS): „Das Bewusstsein ist größer geworden.“ Foto: Schiffer Anti-Mobbing-Burn-outSupervisions-Stelle (AMBOSS) Telefon-Sprechstunde: jeden Donnerstag von 17.00 bis 18.00 Uhr ☎ 0664 / 96 577 49 Anonyme Meldungen sind möglich Montag bis Freitag 9.00 bis 13.00 Uhr Kontakt: Christine Straubinger per E-Mail amboss@aekstmk.or.at per Telefon (0316) 8044-41 per Fax (0316) 815671 Die Ombudsleute der Ärztekammer bieten Hilfe bei: Berufsbedingten Beschwerde- oder Belastungssituationen von Ärzt*innen • Mobbing • Burn-out • ZwischenmenschlichenProblemen • Konfliktsituationen mit Patient*innen, Kassen, Versicherungsträgern, Vorgesetzten oder Ärzt*innen • Fällen, bei denen erwartet wird, dass sich Patient*innen an externe Stellen – etwa die Patient*innenombudschaft, Medien oder das Gericht – wenden werden Ombudsstelle für steirische Ärzt*innen Wir haben ein offenes Ohr für Ihre Probleme, kontaktieren Sie uns! „ “
Ærzte Steiermark || 10|2022 11 cover einen Informationsstand bei den Grazer Fortbildungstagen. Die Österreichische Ärztekammer führt im November eine Enquete zum „Hass im Netz“ durch – den bekommen jene zu spüren, die sich im Netz bewegen. Auf Initiative des Referats für Ärztliche Sondereinsätze startet die Ärztekammer Steiermark eine Umfrage zu den vielfältigen Bedrohungen, denen sich Ärztinnen und Ärzte ausgesetzt fühlen. Und die Foto: Adobe Stock Ein spezielles Thema, nämlich die Probleme, die Beteiligte an einem traumatischen ärztlichen Erlebnis (etwa einem Beinahe-Fehler) haben, bearbeitet der Verein Second Victim. Lesen Sie dazu den Artikel „Mensch bleiben – kein Opfer werden“ ab Seite 12. Noch mehr Information Um die Bekanntheit zu erhöhen und die Thematik zu vertiefen, hatte die Ärzte-Ombudsstelle AMBOSS im Jahr 2022 (und zuvor schon 2021) weniger Konflikte gibt? Um Konflikte zu entschärfen, muss das Konf liktmanagement in der Ausbildung der Führungskräfte einen noch höheren Stellenwert bekommen. Es hat sich zwar vieles zum Besseren verändert, aber es kann noch mehr angeboten werden. Es geht auch darum, das Bewusstsein zu schärfen. Für eine Führungsaufgabe genügt es nicht, ein guter Arzt und Wissenschaftler zu sein. Mit Konflikten gut umgehen zu können, erleichtert die Arbeit. Dazu muss man tiefer hineinschauen können und die entsprechenden Kompetenzen erwerben. Welche Art von Konf likten kommt bei Ihnen am häufigsten vor? 90 Prozent der Inanspruchnahmen von AMBOSS betreffen Konflikte untereinander oder mit Vorgesetzten. Wie helfen Sie konkret? Wir bieten vorweg jedenfalls den telefonischen Kontakt an, aber ich finde, dass ein persönliches Gespräch noch mehr helfen kann, um Kränkungen und Irritationen aus der Welt zu räumen oder zumindest klar ins Bewusstsein zu rücken. Ich kann beim AMBOSS-Team meinen Frust loswerden. Oft ist auch eine Art Rollenspiel als Vorbereitung auf ein Gespräch hilfreich. Da übernehme ich den Part der Kollegen oder Vorgesetzten. Wir können auch zu den Gesprächen mitgehen, um Spannungen auszugleichen. Wir machen Mut. Wir vermitteln aber auch zu Psycholog:innen oder Psychotherapeut:innen, für ein vertiefendes Coaching. Manchmal braucht es auch eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt. Was kostet die Inanspruchnahme? AMBOSS ist kostenlos. Wenn Betroffene sich entschließen, darüber hinaus recht liche oder therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, werden natürlich Kosten entstehen. Hass im Netz ist ein recht neues Thema – brauchen Sie dafür zusätzliche Expertise? Bei AMBOSS spielt das Thema bisher keine bedeutende Rolle. Aber in der Soforthilfegruppe ist es ein wichtiges Thema. Da braucht es zusätzlich vor allem technische Expertise. AMBOSS: www. aekstmk.or.at/440 „90 Prozent der Inanspruchnahmen von AMBOSS betreffen Konflikte untereinander oder mit Vorgesetzten.“
12 Ærzte Steiermark || 10|2022 cover Information soll noch weiter verstärkt werden – etwa mit dem Versand von InfoKärtchen an alle Ärztinnen und Ärzte. Die zentrale Botschaft aller Initiativen formuliert Neshat Quitt: „Es gibt jemanden, der sich auskennt.“ Und hilft. Kontakte: AMBOSS: T. +43 316 8044-41, amboss@aekstmk.or.at. Anonyme Telefonsprechstunde jeden Donnerstag, 17.00 bis 18.00 Uhr unter +43 664 96 57 749. https://www.aekstmk. or.at/50?articleId=9221 Ethik- und Beschwerdekommission: Nicole Eichberger, T +43 316 8044-28, ngl.aerzte@ aekstmk.or.at https://www.aekstmk. or.at/50?articleId=129 Referat für Ärztliche Sondereinsätze, T: +43 316 8044-0 Team: Dr. Neshat Quitt (Referentin), Dr. Kristina Köppel-Klepp (Referentin), Dr. Michael Adomeit (CoReferent), Dr. Gerhard Postl (Co-Referent), Dr. Reinhard Domanyi (Co-Referent) https://www.aekstmk.or.at/84 (Referate) Der Verein Second Victim ist in der Pandemie entstanden. Der Bedarf an Beratung und Therapie für Menschen in Gesundheitsberufen, die nach einem traumatischen Erlebnis im Job selbst in die Opferrolle zu geraten drohen, bestand schon lange. Aber noch nie zuvor hatte sich die Lage so zugespitzt wie in den vergangenen zweieinhalb Jahren. „Am Abend sitzt du da und weißt nicht, warum dir die Tränen runterrinnen.“ So lautet ein Blogbeitrag der Gründerin des Vereins Second Victim. „Im Laufe einer medizinischen Karriere ist damit zu rechnen, dass jeder einmal zu einem Second Victim wird. Es ist keine Frage des Obs, sondern eine Frage des Wanns.“ Derart klare Worte, gestützt auf Studienergebnisse, findet die niederösterreichische Anästhesistin und Notfallmedizinerin Eva Potura, wenn man sie nach ihrer Motivation für die Vereinsgründung fragt. Die Notwendigkeit für Menschen in Gesundheitsberufen, nach potenziell traumatisierenden Ereignissen rasch Hilfe und Entlastung zu finden, war ihr schon lange bewusst. In Folge eines besonders belastenden COVID-19-Todesfalls reifte in ihr dann die Idee, zu diesem Zweck einen Verein zu gründen. „Ich habe mir gedacht, ich probiere Mensch bleiben – kein Opfer werden es einfach – was soll denn schiefgehen? Schlimmstenfalls passiert doch einfach nichts“, erzählt Potura. Viel besser als nichts Das Ergebnis ist ein Verein zur Unterstützung von insbesondere medizinischem Personal nach kritischen Situationen mit einem (Beinahe-) Patient*innenschaden, den Potura mit der Unterstützung von Freunden ins Leben gerufen hat. Hilfreich bei der Professionalisierung des Vorhabens war auch Poturas Vernetzung mit jenen 10.500 Twitter-Followern, die in der Pandemie ihre Tweets aus dem Bereich der Intensivmedizin mitverfolgt haben. Die Kontaktaufnahme von Betroffenen mit den Helfenden erfolgt per Telefonhotline oder E-Mail; angeboten werden entlastende Gespräche in der Akutsituation, professionelle Beratung, kostenlose Therapiemöglichkeiten und Fortbildungsangebote. Einen Überblick über das Angebot erhalten Interessierte unter www.secondvictim.at. Im Zuge einer Ringvorlesung der Meduni Wien zum Thema „Eine von 5 – Gewalt im Gesundheitsbereich“ werden heuer im November auch schon Medizinstudierende für das Thema sensibilisiert. Je bekannter das Hi lfsangebot ist, umso früher werden Betroffene Unterstützung suchen und finden. „Unser Slogan lautet ,Mensch bleiben – kein Opfer werden´“, so Potura. Und dazu braucht es rechtzeitige Hilfe, bevor Selbstvorwürfe und SchuldSecond Victim- Gründerin und Anästhesistin Eva Potura: „Im Laufe einer medizinischen Karriere ist damit zu rechnen, dass jeder einmal zu einem Second Victim wird …“ Foto: Second Victim/Marco´s Photography
Ærzte Steiermark || 10|2022 13 cover gefühle zu wiederkehrenden Albträumen, Schlafstörungen, Angst- und Panikattacken, Suchtverhalten, Zynismus oder zu massiven Selbstzweifeln führen. In Folge traumatisierender Erlebnisse kommt es auch zum Burnout oder zur Aufgabe des Arztberufs. Mitstreiter*innen gesucht Sämtliche Mitarbeiter*innen des Vereins stellen ihre Expertise ehrenamtlich zur Verfügung, die Telefonhotline und andere anfallende Kosten werden über Spendengelder und den Hauptsponsor, die Wiener Städtische Versicherung, finanziert. „Wir suchen gerne weitere Mitstreiter*innen“, betont Potura. Einen prominenten Unterstützer hat der Verein im ehemaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober gefunden, der kürzlich eine Benefizlesung seines Werkes „Pandemia. Einblicke und Aussichten“ im Wiener Tunnel zugunsten von Second Victim durchgeführt hat. Das Angebot des Vereins sieht sich nicht als Ersatz für, sondern als Ergänzung des Hilfsangebots der Arbeitgeber. Eva Potura selbst spricht mit großer Wertschätzung über die Unterstützung, die Krankenanstalten für ihre Mitarbeitenden zur Verfügung stellen. Das explizite Bedürfnis nach externer Hilfe entsteht wohl auch aus dem Wunsch, in hundertprozentiger Ano- nymität vollkommen offen sprechen zu können. „Fragt man Mitarbeiter*innen, welche Art von Hilfe sie sich wünschen, wollen 63 Prozent außerhalb der Organisation Hilfe suchen und weniger als die Hälfte innerhalb der Organisation“, berichtet Potura. Auch innerhalb des Krankenhausteams lassen sich die Folgen dramatischer Erlebnisse teilweise abfangen, indem sofort nach einem Ereignis ein Critical Incident Stress Debriefing stattfindet. In Poturas Arbeitsumfeld wird es bereits praktiziert, stößt aber auch auf ärztlichen Widerstand: „Wir hören auch oft ,keine Zeit`, weil wir den innerlichen Stress haben, die Patient*innen jetzt zu versorgen, die wegen des Zwischenfalls eh schon lange warten. Doch auch diese Patient*innen haben eine sichere und adäquate Behandlung in Ruhe verdient“, betont die Intensivmedizinerin. „Debriefings sind aber wichtig für UNS. Niemand hat etwas davon, wenn wir alle irgendwann wegbrechen.“ Der Brand, der vor der Pandemie schon schwelte, als Arbeitsverdichtung und Überlastung schon Thema waren, loderte durch COVID-19 so richtig auf: Laut einer belgischen Studie sind Stress, Schlafstörungen und Depressionen beim Gesundheitspersonal um das Siebenfache angestiegen. Über den Verein soll im kommenden Jahr eine Peer-Ausbildung in psychologischer Erster Hilfe angeboten werden, damit in Akutsituationen Menschen vor Ort zeitnah helfen können. Menschen, die mit derartigen Situationen vertraut sind. Und Poturas eigenes Rezept, eine kritische Berufssituation zu verarbeiten? „Ich denke, ein Patentrezept gibt es nicht, das ist sehr individuell. Für mich ist es, laute Musik zu hören und Sport zu machen, reden, reden, reden – auch mit professionellen Therapeuten.“ Wie erreiche ich Second Victim? Die Hotline unter 0720 70 43 44 ist montags von 9.00 bis 11.00 Uhr und donnerstags von 17.00 bis 19.00 Uhr erreichbar. Es fallen die normalen Telefonkosten an. Außerhalb dieser Zeit beraten Expert*innen unter beratung@secondvictim.at. Das Fortbildungsangebot – am 1.12.2022 steht ein Modul für Zeitmanagement auf dem Programm und im Jänner eines für Konfliktmanagement – ist unter www.secondvictim.at/ fortbildungen/ einzusehen. Viele Weiterbildungen finden auch online statt. Im CIRSmedical-Podcast erklären Eva Potura und Artur Wechselberger, Referent für Qualitätssicherheit und Qualitätsmanagement in der ÖÄK, alles Wissenswerte zu Second Victim; nachzuhören unter: www.secondvictim.at Fehler – auch folgenlose – können die Verursacher*innen schwer traumatisieren und zu „Second Victims“ machen. Diesen Betroffenen will der Verein Second Victim helfen. Foto: Adobe Stock
Arzt im besonderen dienst ursula scholz „Es ist eigentlich ein Wahnsinn, dass meine Eltern das zugelassen haben.“ Wen Jan Jagiello an seine Anfänge im Segelflug denkt, wundert er sich heute darüber, dass er dafür die elterliche Erlaubnis erhalten hat. „Ich bin ab 14 allein mit Zug und Rad von Unzmarkt zum Flugplatz in Zeltweg gefahren und habe dort in der Flugsportgruppe Steirisches Oberland mit der Vorbereitung für den Flugschein begonnen.“ Die Eltern, ein Maschinenbauingenieur und eine Psychotherapeutin, hatten keinerlei Affinität zum Flugsport, setzten aber großes Vertrauen in ihren Sohn. Dieser hatte schon als Kind begeistert Modellf lugzeuge gesteuert. Selbst zu f liegen war für ihn sozusagen nur ein Schritt nach vorne, die logische Konsequenz des jugendlichen Entdeckerdrangs. Retrospektiv ist sich Jagiello aber auch sicher, dass er mit 15 Jahren bereits ausreichend verantwortungsbewusst für seinen ersten Alleinflug war. Noch heute könne er nicht nur das Fluggerät, sondern auch das Risiko gut steuern, betont er. „Ich habe das Gefühl, meinen Ehrgeiz gut im Zaum halten zu können.“ Beherzt entscheiden Als Arzt wie als Segelflieger sei er es gewohnt, viele Entscheidungen unter Druck fällen zu müssen. Denn das Segelflugzeug sinkt nun einmal stetig und kann nur durch die Thermik an Hängen oder unter Wolken wieder an Höhe gewinnen. Gelingt das nicht in ausreichendem Maß, muss Plan B, die Außenlandung, hochkonzentriert vorbereitet und durchgeführt werden. Die Frage, ob Jagiello diese beherzte Entscheidungsf indung schon als Teil seines Charakters mitgebracht oder erst durch das Segelfliegen erlernt habe, kann er selbst nicht beantworten. „Entweder, man gewinnt diese Fähigkeit durch den Sport – oder es bleiben nur diejenigen beim Fliegen, die von Anfang an über diese Entscheidungsgabe verfügen“, räsoniert er. „Viele, die mit dem Segelfliegen beginnen, hören ja auch relativ rasch wieder damit auf.“ Basierend auf fundiertem Wissen, aber in der Akutsituation intuitiv entscheidet JaGleiten bis zur nächsten Wolke Der obersteirische Neurologe Jan Jagiello beruhigt – und kitzelt – die eigenen Nerven beim Segelfliegen. Weil er als Arzt keinen Zeitpuffer mehr für weit entfernte Außenlandungen hat, verfügt sein aktuelles Flugzeug aber auch über einen Motor. giello auch in der Notfallmedizin. Akribisch detektivisch sieht hingegen die Anamnese in seinem Fach, der Neurologie, aus. Dabei schätzt er es, die Patienten angreifen zu müssen und ihnen auch im Gespräch so nahe zu kommen, dass er sie einschätzen kann. Reine Labormedizin wäre folglich nichts für ihn gewesen. Entscheidung des Zufalls Inspiriert durch einen fabelhaften Biologieunterricht am Bundesgymnasium in Judenburg, begann sich der heute 39-jährige Jagiello für Medizin zu interessieren und ging zum Studium nach Graz. Von Neurologie war damals aber noch keine Rede. „Lange Zeit wollte ich dann Unfallchirurg werden“, erzählt er. „Im Laufe der Studienzeit ist mir zunehmend klar geworden, wie sehr dieser Job mit körperlicher Schwerarbeit verbunden ist – und dass er wohl nur geeignet ist, solange man jung und gesund ist.“ Gegen Studienende kristallisierten sich schließlich die Kinderheilkunde und die Neurologie als erstrebenswerte Fachrichtungen heraus; die endgültige Entscheidung fällte der Zufall. „Meine Frau und ich haben unser Studium zugleich beendet und sind, um der Wartezeit auf einen Turnusplatz in Österreich zu entgehen, nach Deutschland gezogen. Sie wollte unbedingt Gynäkologin werden und in Ravensburg, wo sie eine Stelle bekommen hat, konnte ich zeitgleich auf der Neurologie mit meiner Ausbildung beginnen.“ Als fertige Fachärzte – und mittlerweile vierköpfige Familie – kehrten sie im Jahr 2017 in die Steiermark zurück, 14 Ærzte Steiermark || 10|2022
Fotos: beigestellt auf 48 Metern einen Meter an Höhe (die Varianz bei Segelflugzeugen liegt zwischen 25 und 70). Die Ventus cM ist schon sein drittes eigenes Segelf lugzeug und hat gegenüber den Vorgängern einen beachtlichen Vorteil: Sie verfügt über einen Motor, mit dem sie ohne Schleppf lugzeug starten kann und Außenlandungen vermeidbar macht. „Wenn man nur einen Tag frei hat und an einem Ort landen muss, von dem die Heimreise mehrere Tage in Anspruch nimmt, wird es beruflich sonst schwierig“, erklärt Jagiello. Fliegen mit der Kraft der Natur Außenlandungen, also ungeplante Landungen abseits von Flugplätzen, gehören zum Segelfliegen dazu. „Einmal bin ich in Zeltweg gestartet und musste in der Schweiz außenlanden. Zusammen mit der Organisation des Rückholfahrzeugs hat die Heimreise zwei Tage in Anspruch genommen.“ Der Transport des Flugzeugs stellt dabei noch die geringste Herausforderung dar: „Die sind so gebaut, wo Jan Jagiello seither als Oberarzt am LKH Murtal, Standort Knittelfeld, tätig ist. Staatsmeister ohne Statistik Zeit für´s Fliegen bleibt dem mehrfachen österreichischen und italienischen (ja, das geht auch bei Ausländern …) Staatsmeister im Streckenflug in diesem beruf lichen wie privaten Setting nicht viel. Trotzdem fliegt er nach wie vor bei Wettbewerben, zuletzt im August im italienischen Rieti. Es findet nun eben davor kaum ein Training statt. „Da geht es dann nicht um die Platzierung, sondern rein ums Mitmachen“, betont er. Jagiello zählt auch nicht zu denen, die penibel über die Anzahl ihrer Starts und ihrer Flugstunden Buch führen. „Was zählt, ist das Erlebnis.“ An die 3.000 Flugstunden, meint er, müsse er inzwischen bereits angesammelt haben. Die Daten seines Flugzeuges hingegen hat er stets parat: Eine Ventus cM 17,6m, also mit 17,6 Metern Spannweite. Sie verfügt über eine Gleitzahl von 48, verliert demnach dass man sie in einer halben Stunde zerlegen und dann auf einen Anhänger laden kann.“ In Lebensgefahr, meint Jagiello, habe er sich auf all seinen Flügen jedoch noch nie gefühlt. Vielmehr genießt er die Ruhe in der Luft, das entspannte Gleiten bis zur nächsten Wolke und danach wieder die höchste Konzentration, wenn es darum geht, sich wie ein Raubvogel hochzuschrauben oder die Thermik eines Hanges zu nutzen. „Wenn man nach zehn Stunden aus dem Flugzeug steigt und all diese Zeit mit der Kraft der Natur geflogen ist, gibt einem das ein überwältigendes Gefühl.“ Schon als Flieger in der Juniorenklasse hat Jagiel lo seinen ersten Langstreckenflug über mehr als tausend Ki lometer geschafft. Im Laufe der Zeit ist er nicht nur mehrfach Staatsmeister geworden, sondern auch bei Europa- und Weltmeisterschaften mitgeflogen. Sein bisher längster Flug erstreckte sich über mehr als 13 Stunden, die maximale Distanz hat er zwischen dem Schweizer Wa lensee und Wiener Neustadt zurückgelegt. Immerhin eine Luftlinie von mehr als 530 Kilometern. Traum vom Wandersegeln Als Segelflieger hat Jagiello nebst den österreichischen Nachbarländern unter anderem schon Polen, Litauen und Frankreich aus der Vogelperspektive erlebt. Sein Traum: Ein mehrtägiger Wander-Segelflug nach Spanien und retour. Andere Hobbys wie Klavierspielen, Skitourengehen und Reisen treten derzeit eher in den Hintergrund, wenngleich die Musik gerade eine Renaissance erlebt: Seitdem Jagiellos Kinder selbst Klavier lernen, übt er mit ihnen. Beruflich visiert er ein ebenso klares Ziel an wie bei einer Segelmeisterschaft den Wendepunkt: „Zurzeit erlerne ich gerade die Nervensonographie. In diesem Bereich möchte ich noch deutlich mehr lernen.“ Dass er dazu fähig ist, seine Ziele mit Präzision und Konsequenz anzusteuern, hat Jan Jagiello schon beim Fliegen bewiesen. Ærzte Steiermark || 10|2022 15 Arzt im besonderen dienst
ausbildung 16 Ærzte Steiermark || 10|2022 Geplant sind eine Basisausbildung von 9 und eine Sonder f ach-Gr undausbi l - dung von 33 Monaten. Diese umfasst jedenfalls Innere Medizin, Kinder- und Jugendheilkunde, Orthopädie und Traumatologie, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Dazu kommen noch Wahlpflichtfächer. Zum gesamten Ausbildungspaket gehört auch die Absolvierung einer allgemeinmedizinischen Ausbildung in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen, Lehrambulatorien oder in Primärversorgungseinheiten (PVEs). Weiters vorgesehen: eine Sonderfach-Schwerpunktausbildung im neuen Sonderfach „Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ verbunden mit dem Erwerb vertiefender Kompetenzen in Sonderfächern, die in der SonderfachGrundausbildung nicht gewählt wurden. Dazu sollen Kurse zu den Themen Substitution, Geriatrie, Palliativmedizin, Psychosomatik und Schmerztherapie kommen. Es wird jedenfalls Übergangsfristen geben. Und zwar für jene, die ihre allgemeinmedizinische Ausbildung ab Mitte Künftig werden Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner den Facharztstatus bekommen und damit den bisherigen Fachärztinnen und Fachärzten gleichgestellt. „Es waren langwierige und zum Teil sehr schwierige Verhandlungen, die jetzt Erfolg zeigen“, kommentierte der österreichische Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart das Ergebnis. Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, sieht diesen Schritt „als Meilenstein und längst verdienten Ausdruck der Wertschätzung und Anerkennung der Allgemeinmedizin“. Die Bundeskurie sei überzeugt, dass damit wieder mehr junge Ärztinnen und Ärzte den Weg in die Allgemeinmedizin finden werden. Ähnlich sieht es der Präsident der Ärztekammer Steiermark, Michael Sacherer. Er hoffe, „dass diese Aufwertung der Allgemeinmedizin dazu beitragen wird, wieder mehr junge Kolleginnen und Kollegen für die Allgemeinmedizin zu begeistern“, war seine erste Reaktion. Vizepräsident Dietmar Bayer, Obmann der Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Ärztekammer Steiermark, lobte den Einsatz des österreichischen Ärztekammerpräsidenten Johannes Steinhart, des Obmannes der Bundeskurie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, ÖÄK-Vizepräsident Edgar Wutscher, und des früheren Ärztekammerpräsidenten und nunmehrigen ÖÄK-Referenten für Qualitätssicherheit und -management, Artur Wechselberger, für die Neuregelung. Die Umsetzung bleibt aber komplex. Das Einfachste ist noch die Beschreibung des Faches „Allgemeinmedizin und Familienmedizin“, wie die offizielle Bezeichnung lautet. „Die Fachärztin/der Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin ist die erste Anlaufstelle für sämtliche gesundheitliche Anliegen, unterstützt die Stärkung der Gesundheitskompetenz des Einzelnen sowie von spezifischen Populationsgruppen, insbesondere durch gesundheitsfördernde Aktivitäten, Beratung und Auf klärung unter Berücksichtigung des jeweiligen epidemiologischen Hintergrundes“, heißt es im Arbeitsgruppenpapier. Dazu passt das zentrale Ausbi ldungsziel: „Befähigung zur selbstständigen Ausübung der Allgemeinmedizin durch den geregelten Erwerb und Nachweis von für die gewissenhafte Betreuung von Patientinnen und Patienten aller Altersstufen notwendigen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten in den entsprechenden Fachgebieten.“ „Fach“-Ärztin/-Arzt für Allgemeinm 30 Jahre nachdem der ÖÄK-Kammertag den Beschluss zum Facharztstatus für die Allgemeinmedizin gefasst hat, gibt es nun endgültig grünes Licht für die fachärztliche Anerkennung der Allgemeinmedizin. Einige Fragen sind aber noch offen. Foto: Adobe Stock Ab 1. Jänner 2024 soll die Allgemeinmedizin (und Familienmedizin) offiziell als neues Sonderfach etabliert werden. Darauf haben sich Länder, Sozialversicherung, Bund und Ärztekammer verständigt. Noch nicht bis ins letzte Detail fix sind die Übergangsbestimmungen.
Ærzte Steiermark || 10|2022 17 ausbildung medizin kommt fix Dr. Eva Schönhart: Behandlungsschätze aus der Chinesischen Medizin Univ.-Prof. Dr. Michael Frass: Die besten Behandlungsstrategien aus der Homöopathie Dr. Ruth Poglitsch: Wertvolle Tipps aus der Orthomolekularen Medizin Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wirnsberger: Empfehlungen aus der Ernährungsmedizin Moderation: Dr. Olivia Pojer Referentin für Integrative Medizin Teilnahmebeitrag € 25,- Mittwoch, 16. Nov. 2022 19.30 - 21.30 Uhr Ärztekammer, Graz FORTBILDUNG AKTUELL Anmeldung & Info: www.med.or.at/integrativ Auskünfte: Christian Hohl Telefon 0316/8044-33 E-Mail: fortbildung@aekstmk.or.at Evidenzbasierte Therapiestrategien bei Post/Long-Covid aus der Werkzeugkiste der integrativen Medizin: © Erich Westendar / pixelio.de Mi. 7 Leitun Orth Phys Praxi Ärzte Toure FO Anm www Auskü Telefo E-Ma S Ä Au Dip 2022 begonnen haben bzw. beginnen, und für jene, die ab Mitte 2027 starten. Vorgeschlagen ist jedenfalls eine schrittweise Ausweitung der Lehrpraxis mit Beginn der Ausbildung zur FÄ/zum FA für Allgemeinmedizin und Familienmedizin ab dem 01. Juni 2026. Übergangsbestimmungen Die Neuregelung soll mit 01. Jänner 2024 in Kraft treten, die bisherige Ausbildung bis längstens noch 31. Mai 2026 begonnen werden. Durch die schrittweise Ausweitung sollte die Gefahr einer Ausbildungslücke entsprechend zu reduzieren sein. Auch die bereits zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Al lgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner sollen den Facharzttitel beantragen können. Die Ärztekammer tritt für einen Erhalt des Facharzt-Titels aller fertig ausgebildeten Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner ein. Dies auch, um bei Patientinnen und Patienten keine Unklarheiten oder Unsicherheiten hinsichtlich der jeweiligen Qualifikationen entstehen zu lassen und um auf die erreichten Ziele hinsichtlich einer Aufwertung hinweisen zu können. Länder, Sozialversicherung und Bund stimmen dem nur teilweise zu. Die als Expertin zugezogene slowenische Professorin Erika Zelko (dort gibt es das Fach Allgemeinmedizin bereits seit mehr als 20 Jahren) schlug auf Grundlage der slowenischen Erfahrungen eine weitreichende Lösung für bereits berufsberechtigte Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner vor. Mehr Interesse Die Erfahrungen aus Slowenien sind grundsätzlich ermutigend. Es habe sich gezeigt, dass sich junge Ärztinnen und Ärzte in Slowenien nach Einführung (bis zum Beginn der COVID-19-Pandemie) häufiger für das Sonderfach Familien- bzw. Allgemeinmedizin entschieden hätten.
18 Ærzte Steiermark || 10|2022 Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark hat sich zuletzt durchaus erfreulich entwickelt: So ist die Gesamtzahl vom September 2021 bis zum September 2022 um 1,83 Prozent oder 120 Ärztinnen und Ärzte auf 6.680 gewachsen. „Wir haben Verbesserungsbedarf in allen Bereichen des öffentlichen Gesundheitssystems“, fasst der Präsident der Ärztekammer Steiermark, Michael Sacherer, zusammen. Gleich sieht es Dietmar Bayer, Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark und Obmann der Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Er spricht von einem „ÖGK-Ärztemangel“. Der könne nur „durch eine mutige Verbesserung der Rahmenbedingungen für die ärztliche Arbeit in der öffent lichen Gesundheitsversorgung behoben werden“, sagt Bayer. Er warnt auch vor einem Schlechtmachen der Wahlärztinnen und Wahlärzte, wie es aus Teilen der ÖGK wiederholt zu hören sei. „Denn“, so Bayer, „unsere Ärztinnen und Ärzte machen überall exzellente ärztliche Arbeit für die Patientinnen und Patienten.“ Aber die Systeme müssten es ermöglichen, dass die Qualität der ärztlichen Arbeit für die Patientinnen und Patienten spürbarer werde. Dazu brauche es faire Verhandlungen in allen Bereichen. „Die Engpässe bei Kassenärztinnen und Kassenärzten hat die ÖGK zu verantworten. Leistungen und Honorare sind gerade in der Steiermark im Vergleich zum Österreichschnitt schlecht“, moniert Bayer: „Die Versicherten könnten das ändern, wenn sie die Selbstverwaltung in der ÖGK als Betroffene selbst in die Hand nehmen und neue Leistungen einfordern.“ Bayer weist auch darauf hin, dass die steirische Bevölkerung laut offizieller Statistik in den letzten 20 Jahren um fast 6 Prozent gewachsen ist, während die ärztliche Versorgung stagniert bzw. sogar zurückgenommen wird. So wären 2022 für eine Kassenärztin bzw. einen Kassenarzt um fast 1.000 Behandlungsfälle pro Jahr mehr zu bewältigen als 2002. „Die öffentliche Hand muss die ärztliche Versorgung ausbauen, nicht abbauen“, ist sein Fazit. Herwig Lindner, Referent für vergleichende Systemanalyse und Angebotsplanung der steirischen Ärztekammer, forder t mehr Problembewusstsein von den Verantwortlichen ein. Es sei Zeit, gesundheitspolitik Facharzt für Radiologie Ihre Aufgaben (m/w) Vollzeit Wir suchen für unser medizinisches Team eine(n) engagierte(n) Fachärztin/Facharzt für Radiologie. Gemeinsam mit unserem erfahrenen Radiologen-Team sind Sie für die CT / MR Diagnostik verantwortlich. Ihr Profil Wir bieten • Sie haben Berufserfahrung in den Bereichen Computer- tomographie und Magnetresonanztomographie • Sie sind bereit, alle Möglichkeiten im Dienste von Patienten- und Zuweiserschaft auszuschöpfen, die unser herausragender Gerätepark bietet • Sie sehen die bildgebende Diagnostik als Beruf und Berufung • Sie verfügen über Qualitäts-, Kompetenz- und Verant- wortungsbewusstsein in hohem Maße • Sie können sich mit der Unternehmensphilosophie des DZG voll identifizieren: Wir erbringen radiologische Spitzenleistungen, für alle verfügbar, im Mittelpunkt steht der Mensch • Sie haben ausgezeichnete Deutschkenntnisse in Wort und Schrift • Langfristige berufliche Perspektive in einem angesehenen, eigentümergeführten und unabhängigen Diagnostikzentrum mit ausgeprägter Innovationsfreude • Eine Tätigkeit mit besten Arbeitsbedingungen in einem hochqualifizierten Team, in dem Kollegialität großgeschrieben wird • Attraktive Bezahlung deutlich über dem Marktdurchschnitt • Die Option, im gegenseitigen Einvernehmen Mitgesellschafter des DZG zu werden • Technische Ausstattung auf europäischem Spitzenniveau: Vier MR, darunter drei MAGNETOM Vida-3-TESLA MR in Maximalausstattung, SOMATOM Force CT, ab 2022 der kürzlich vorgestellte bahnbrechende Photon-counting CT aus dem Hause Siemens • Interne und externe Fortbildungsmöglichkeiten *Anm.: Bei Übermittlung per E-Mail bitte nur PDF-Dateien senden. Wir haben Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung!* Folgende Möglichkeiten für die Bewerbung gibt es: 1.) per Email an: pk@dzg.at 3.) per Post an: Diagnostikzentrum Graz, Mariatroster Straße 41, A-8043 Graz, z.H. Herrn Dr. Peter Kullnig www.dzg.at Ärztinnen & Ärzte können es – wenn sie dürfen Ärztinnen und Ärzte leisten exzellente Arbeit. Wenn die öffentlichen Strukturen ihnen den Raum geben.
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