AERZTE Steiermark | Februar 2022
28 Ærzte Steiermark || 02|2022 Fortbildung Hämatome, Brüche, unklare Bauch- oder Kopfschmerzen. Spuren, die Gewalt und se- xuelle Gewalt bei den Opfern hinterlassen, sind nicht im- mer einfach zu lesen. „Oft geben die Körperregi- onen, in denen sich die Verlet- zungen zeigen, einen Hinweis darauf, dass sie durch Gewalt und nicht durch einen Un- fall entstanden sind“, erklärt Isabella Klasinc. Sie ist Fach- ärztin für Gerichtsmedizin und als solche am Diagnos- tik- & Forschungsinstitut für Gerichtliche Medizin sowie an der klinisch-forensischen Untersuchungsstelle der Med Uni Graz tätig. „Verletzungen an der Körperrückseite, im Genitalbereich, aber auch an den Ohren – wo man sich nicht so leicht verletzt – sollten Ärztinnen und Ärzte wachsam machen. Einen ent- sprechenden Hinweis geben auch viele blaue Flecken, die unterschiedlich alt sind.“ Zur Interpretation der Hämatome gehört eine Portion ärztliches Gespür. So ist es zum Beispiel normal, dass Kinder an der Vorderseite der Unterschenkel einige, auch unterschiedlich alte, Hämatome aufweisen. Lieber zu oft Neben dem aktiven Hin- schauen braucht es das fei- ne Zuhören. „Passt der er- zählte Unfallhergang nicht Hilfe für Gewaltopfer: Hinschauen Ärztinnen und Ärzte sind oft die ersten Mitmenschen, die Spuren von Gewalt an Op- fern wahrnehmen. Im Rahmen der Seminare im März erklärt Gerichtsmedizinerin Isabella Klasinc, auf welche Hinweise Ärzt*innen achten sollen und was sie in weiterer Folge tun können. zum Verletzungsbi ld oder zur Schwere der Verletzung, sollten Ärztinnen und Ärzte jedenfalls hellhörig werden“, so Klasinc. Oft wird aber auch implizit mehr erzählt als explizit ausgesprochen. Im Zweifelsfall rät Klasinc jedenfalls dazu, die klinisch- forensische Untersuchungs- stelle zu Rate zu ziehen, lieber einmal zu oft als einmal zu selten. Diese untersucht jede Form von Verdacht auf Ge- walt an Lebenden, an Erwach- senen wie an Kindern, an Männern wie an Frauen. Im Schnitt führt die Stel- le jährlich 90 bis 100 Un- tersuchungen durch, je zur Hälfte an Erwachsenen und Kindern; 2021 waren es et- was mehr Erwachsene. Ein etwaiger Peak durch mehr häusliche Gewalt in Pande- mie-Zeiten lässt sich derzeit nicht beobachten. Unter den Erwachsenen findet sich, wie zu erwarten, ein deutlicher- Überhang an Frauen. Im Jahr 2021 waren 53 von 57 unter- suchten Erwachsenen weib- lich. „Männliche Gewaltopfer gibt es auch, beispielsweise bei Raufhandel, aber die lan- den eher in den Spitalsambu- lanzen als bei uns“, erläutert Klasinc. Von sexueller Gewalt sind deutlich mehr Mädchen und Frauen als Buben und Männer betroffen. Vereinzelt werden aber auch Männer zu „Verletzungen an der Körperrückseite, im Genitalbereich, aber auch an den Ohren – wo man sich nicht so leicht verletzt – sollten Ärztinnen und Ärzte wachsam machen.“ Isabella Klasinc Foto: beigestellt, Adobe Stock, Shutterstock
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