AERZTE Steiermark | Jänner 2022
Bereich Ærzte Steiermark || 01|2022 7 Esoterik und Wissenschaftsfeindlichkeit nehmen überhand. Das ist eine gerade in der Corona-Pandemie oft gehörte Klage. Aber stimmt das auch? „Eine breite Mehrheit befürwortet, wenn Expert*innen auf wissenschaftlicher Grundlage politische Ent- scheidungen treffen“, heißt es in einem Bericht zum Austrian Co- rona Panel Project , das der Ärztekammer gewiss nicht nahesteht. Es gibt zwar einen Zusammenhang mit Bildung und Parteipräfe- renzen. Aber auch wenig Gebildete und Anhänger von Parteien, die gemeinhin als populistisch bezeichnet werden, wollen diese Wissenschaftlichkeit mit klarer Mehrheit. In den sozialen Medien sind jene sehr laut, die mit der Wissenschaft nichts oder wenig am Hut haben, und auch manche klassischen Medien geben ihnen oft großen Raum. Das macht sie wichtig. Aber dennoch sind sie nur eine Minderheit, die nur jetzt stärker wahr- genommen wird als in der Vergangenheit. Wenn von Wissenschaftlichkeit die Rede ist, dann sind nicht nur – aber doch zu einem großen Teil – die Ärztinnen und Ärzte gemeint. Denen – in den Spitälern genauso wie in der Nieder- lassung – vertrauen die Menschen am meisten, wenn es um die Bewältigung der Pandemie geht. Dass das Politikerinnen und Politikern keine große Freude macht, ist zu verstehen. Denn der Politik stellt die Bevölkerung kein gutes Zeugnis aus, wenn es um die Bewältigung der Pandemie geht. Weswegen die Politik auch ein ambivalentes Verhältnis zur Ärz- teschaft hat. Die Politik weiß zwar, dass sie die Ärztinnen und Ärzte braucht. So mancher Politikerin, so manchem Politiker wäre es aber lieber, wenn es ohne Ärztinnen und Ärzte auch ginge. So sehr diese Ablehnung menschlich zu verstehen ist, so wenig klug ist sie. Gerade in dieser schwierigen Zeit sollten Poli- tikerinnen und Politiker uneingeschränkt anerkennen, wie wich- tig Ärztinnen und Ärzte sind. Und ganz sicher würden sie in der Bevölkerung besser ankommen, wenn sie Ärztinnen und Ärzte nicht immer wieder vor den Kopf stießen. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Die imWesentlichen hausärztliche Notfallversor- gung durch den Bereitschaftsdienst in der ganzen Steiermark und den Ärztenotdienst in Graz – er- gänzt durch den kinder- und jugendärztlichen Not- dienst KIJNO – ist für die Steirerinnen und Steirer von großer Bedeutung. So manche Veränderungen gab es in den letzten Jahren. Manche waren gut, an- dere sollten die Hilfe nur billiger für die öffentliche Hand machen. Im Jahr 2020 gab es Einbrüche wegen der Co- rona-Krise. Die gab es aber in vielen Bereichen. So konnte die Stadt Graz nur etwas mehr als 582.000 touristische Nächtigungen verzeichnen, 2019 – im letzten Jahr ohne COVID-19 – waren es noch gut 1,25 Millionen. Wer aber die Rück- kehr zur Normalität will (und wer will die nicht?), muss 2019 zum Maßstab nehmen. Das gilt auch für die ärztliche Notfallversorgung. Verbesserungen sind immer möglich und auch sinnvoll. Daran arbeitet auch ein ärztliches Team tatkräftig mit. Die Reduktion der Zahl der Be- reitschaftsregionen war eine grundsätzlich sinn- volle Maßnahme. Es war und ist aber auch keine Schande einzugestehen, dass man hier in einigen Regionen zu weit gegangen ist. Da wurde dann auch begonnen zu korrigieren. Ergänzend zum Visitendienst der Bevölkerung an den Wochen enden Bereitschaftsdienst-Ordinationen anzu- bieten, war ebenfalls eine wichtige Verbesserung. Die Menschen wollen und brauchen sie. Die Ärztinnen und Ärzte im Grazer Notdienst leisten aufopfernde ärztliche Arbeit für die Hil- fesuchenden. Sie dürfen nicht dazu gezwungen werden, auch gegen das politische System zu kämpfen. Es wird Zeit, endlich den Praktike- rinnen und Praktikern zuzuhören statt die Not- fallhilfe für die Grazer und steirische Bevölke- rung zum Spielball der Politik zu machen. Das politische Herumpfuschen gefährdet die Ge- sundheit der Steirerinnen und Steirer. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Christoph Schweighofer Kein Herumpfuschen an der Notversorgung Standortbestimmung Herwig Lindner Die Beliebtheit der Ärztinnen und Ärzte nutzen d batte Fotos: Helmut Hammer, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner
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