AERZTE Steiermark | März 2021

Bereich Ærzte Steiermark  || 03|2021 7 Alle wollen zurück zur Normalität. Die einen zur Normalität genau so, wie sie vor der Pandemie war, andere zu einer „neuen“ und „besseren“ Normalität. Anthony Fauci, Immunologe und oberster Gesundheitsberater des US-Präsidenten, hat es gut auf den Punkt gebracht: Ob und wann es Normalität gibt, hängt stark davon ab, was darunter verstanden wird. Lockdown, die Absperrung ganzer Regionen, das verordnete Tragen von Masken und Abstand-Halten sind zwar notwendig, aber „normal“ ist das keineswegs. Dass die öffentliche Hand Impfstoff zuteilt, dass Ärztinnen und Ärzte es schwer haben, ihn zu bekommen und viele Menschen vorerst kei- nen Anspruch auf eine Impfung haben, weil sie zu jung oder zu ge- sund sind, ist ebenfalls nicht „normal“. Der Föderalismus unter Pandemiebedingungen ist nicht „normal“. Wir werden es auch nicht schaffen, durch Umlegen eines Schalters Normalität ganz plötz- lich wiederherzustellen. Wir müssen uns an die Normalität he- rantasten. Mit der Normalität des Impfens wird man damit hoffentlich bald beginnen können. Das wird möglich, wenn endlich die verspro- chenen Impfstoffmengen da sind. Dann wird es keine zentralen Koordinatoren mehr brauchen, dann werden Menschen ganz ein- fach zu ihrer Ärztin oder ihrem Arzt gehen können, eine Impfung wollen und sie auch bekommen. Diesen erstrebenswerten Zustand der Normalität können wir aber nur dann erreichen, wenn der Staat einen Plan entwickelt, wie er sich nach Möglichkeit zurück- nehmen kann. Wobei das Entwickeln nicht reicht. Er muss glaub- würdig öffentlich sagen, dass er sich sofort zurücknehmen will, wenn das geht. Er muss Schritte in diese Richtung setzen. Er muss vermitteln, dass er nicht dauerhaft der „Superstaat“ sein will, der alles für seine Bürgerinnen und Bürger checkt. Eines ist übrigens immer normal gewesen: Ärztinnen und Ärzte, die für ihre Patientinnen und Patienten da waren. Und das wird weiterhin normal bleiben. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Völlig zufrieden können wir natürlich nie sein. Es gibt immer etwas zu verbessern. Aber wir tun uns selbst nichts Gutes, wenn wir nur auf das schauen, was schlecht ist. Gut ist, dass mittlerweile alle steirischen Ärz- tinnen und Ärzte, die es wollen und ihrem Wil- len auch Ausdruck verliehen haben, gegen CO- VID-19 geimpft sind bzw. einen fixen Termin für die zweite Teilimpfung haben. Die Organisation und Durchführung liegt natür- lich weiterhin in den Händen der Bezirksärzte- vertreterinnen und Bezirksärztevertreter sowie des bewährten Teams der Ärztekammer, die es bisher so gut hinbekommen haben. Gut ist auch, dass es einen Einkommensausgleich für die niedergelassenen ÖGK-Vertragsärztinnen und -ärzte gibt, der bundesweit ausgehandelt wurde. Es ist natürlich nicht gut, dass Wahlärz- tinnen und Wahlärzte nicht einbezogen (weil es keine Zuständigkeit der ÖGK gibt) – und daher auf die staatlichen Unterstützungen angewiesen sind. Und ich verstehe nur zu gut, wenn Wahlärz- tinnen und Wahlärzte diese Situation beklagen. Das gilt vor allem für jene, die keinen ÖGK-Ver- trag besitzen, obwohl sie einen wollen. Versprochen: Wir bemühen uns um eine Lösung, zumindest für die grundversorgenden Kolle- ginnen und Kollegen aus dem wahlärztlichen Bereich. Eine Lösung gibt es aber jedenfalls auch für jene Kassenvertragsärztinnen und -ärzte, die erst 2020 ihre Kassenpraxis eröffnet haben. Hier wird – etwas vereinfacht – der Fachgruppendurch- schnitt statt des eigenen Praxisergebnisses 2020 für den Ausgleich herangezogen. Es ist also nicht alles gut. Aber es ist einiges gut. Vizepräsident Dr. Christoph Schweighofer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Christoph Schweighofer Es ist nicht alles gut. Aber einiges. Standortbestimmung Herwig Lindner Normal ist, dass Ärztinnen und Ärzte für die Menschen da sind d batte Fotos: Fischer, Oliver Wolf, Elke Meister, Schiffer, Grafik: Konrad Lindner

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