AERZTE Steiermark | März 2021

38 Ærzte Steiermark  || 03|2021 MEDIA BASED MEDICINE Kaffee minimiert graue Zellen Forscher*innen der Universität Basel fanden heraus, dass regelmäßiger Koffeinkonsum das Volumen der grauen Hirnsubstanz reduziert. Zu erkennen war der Effekt v. a. im rechten medialen Temporallappen des Hirns, inklusive Hippocampus – bereits nach zehn Tagen. Gemessen wurde bei gesunden jungen Menschen; die Koffeinzufuhr erfolgte kontrolliert per Koffeintablette oder Placebo. Quelle: pressetext.com, 15.2.2021 Täglich bekommen PatientInnen von den Medien neue „Sensationen“ aus der Welt der Medizin aufgetischt: Frisch publiziert The association between anti-inflammatory effects of long-term lithium treatment and illness course in Bipolar Disorder. Queissner, R; Lenger, M; Birner, A; Dalkner, N; Fellendorf, F; Bengesser, S; Platzer, M; Hamm, C; Maget, A; Reining- haus, B; Ratzenhofer, M; Schuller, J; Mangge, H; Kapf- hammer, HP; Reininghaus, EZ. J Affect Disord. 2020; 281: 228-234. [OPEN ACCESS] https://forschung.medunigraz.at/fodok/pub?id=33338840 Forscherinnen und Forscher der Grazer Medizinischen Universität publizieren regelmäßig in internationalen Journalen. Wir bringen jeden Monat aktuelle Beispiele. Unter der Leitung von Do- rothee Dormann von der Ludwig-Maximilians-Uni- versität München haben Wissenschafter*innen der Med Uni Graz gemein- sam mit internationalen Kolleg*innen einen grundle- genden Mechanismus für die häufigste genetische Ursache von Amyotropher Lateral- sklerose (ALS) und fronto- temporaler Demenz (FTD) aufgeklärt, der für die patho- logische Verklumpung von RNA-bindenden Proteinen verantwortlich ist. Dabei entstehen Dipeptid- Wi e d e r ho l u n g s p r o t e i n e (DPR-Proteine) durch Ab- schreiben von Hexanukle- otid-Wiederholungen im C9orf72-Gen. „Unser Ziel war es herauszufinden, ob diese aggregationsfreudigen DPR-Proteine durch kör- pereigene Proteine vor einer Verklumpung geschützt wer- den können und ob dieser Prozess in ALS und FTD gestört ist“, erklärt Tobias Madl vom Gottfried Schatz Forschungszentrum der Med Uni Graz. Die Forscher*innen beobachteten, dass Import- Proteine die Verklumpung von DPR-Proteinen verhin- dern und deren toxische Wir- kung kompensieren. „Diese Entdeckung war für uns faszi- nierend und könnte therapeu- tische Auswirkungen haben, da sie darauf hindeutet, dass Therapeutika mit Ähnlich- keiten zu Import-Proteinen vielversprechend bei der Be- handlung von ALS und FTD sein könnten“, so Madl. Innovative Infrastruktur Durch eine Integration von biophysikalischen und struk- turbiologischen Methoden wie Röntgenk leinwinkel- streuung (SAXS) und Fluo- reszenzanisotropie konnte die Bindung von DPR und Im- port-Proteinen direkt nachge- wiesen werden. „Die Strukturbiologie wurde an der Med Uni Graz in den letzten Jahren etabliert und im Rahmen der Initiative Integrative Structural Biolo- gy and Biophysics zwischen den Grazer Universitäten vernetzt“, so Madl. Dadurch werden die biomedizinische Grundlagenforschung und die klinische Forschung in einem translationalen Ansatz verknüpft. Mit ihrer in „Cell Reports“ publizierten Arbeit konnten die Wissenschafter*innen zei- gen, dass die Verhinderung der Verklumpung von DPR- Proteinen eine neue pharma- kologische Strategie bei ALS und FTD darstellen könnte. „Die Entwicklung von darauf beruhenden Wirkstoffen wird einige Jahre benötigen, unsere Ergebnisse zeigen aber wieder einmal, dass die Grundlagen- forschung essentielle Impulse für Innovationen setzt“, er- klärt Madl. Weitere Informationen und Kontakt Assoz.-Prof. PD Mag. Dr. To- bias Madl, Medizinische Uni- versität Graz, Gottfried Schatz Forschungszentrum, Lehrstuhl für Molekularbiologie und Biochemie Tel.: +43 316 385 71972 tobias.madl@medunigraz.at Link zur Publikation: Nuclear Import Receptors Di- rectly Bind to Arginine-Rich Dipeptide Repeat Proteins and Suppress Their Pathological Interactions https://www.sciencedirect . c om /s c i e n c e /a r t i c l e / p i i / S2211124720315278 Neuer Therapieansatz für neurodegenerative Erkrankungen Forscher*innen der Med Uni Graz haben in internationa- ler Kooperation die Rolle verklumpter Proteine bei neuro- degenerativen Erkrankungen untersucht und einen neuen Therapieansatz entdeckt. forschung steiermark Fotos: MUG, Creativ Collection Assoz.-Prof. PD Mag. Dr. Tobias Madl

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