AERZTE Steiermark | März 2021

30 Ærzte Steiermark  || 03|2021 Literatur CIRSmedical_Inserat_end_.indd 1 18.03.2013 08:55:15 Foto: Georg Biron Von einem, der auszog, fast den Arztberuf zu erlernen Ursula Scholz Wer keinen Humor hat, lege das Buch beiseite. Helmut Qualtingers Sammlung ät- zender Miniaturen „… über Ärzte und Patienten. Der Nächstbeste, bitte!“ aus den frühen 1980ern ist keine Lie- beserklärung an den Berufs- stand. Zu saure Trauben für einen, der sich an der Medizin versucht hat, dann aber eine völlig andere Weggabelung genommen hat? Papa hat´s net g´richtet Qualtingers Basis wäre durch- aus nicht schlecht gewesen: Als Sohn eines Gymnasialleh- rers für Mathematik, Physik und Chemie am Wiener Real­ gymnasium IX Glasergasse, dem heutigen Erich Fried Realgymnasium, wuchs er im bildungsbürgerlichen Milieu auf und hätte die notwendige naturwissenschaftliche För- derung erhalten. Doch der Bub wollte lesen ... Schon als Gymnasiast gründete er mit einem Freund das Jugend- theater „Mozart-Bühne“. Im Jahr darauf, 1945, absolvierte er die Notmatura. Zur ersten Premiere der Mozart-Bühne erschien auch Heimito von Doderer (gegeben wurde Jo- hann Nestroys „Nur keck!“ mit Qualtinger als Regisseur und in der Hauptrolle), der Der Schauspieler, Kabarettist und Autor Helmut Qualtinger wollte anfangs Arzt werden, warf aber nach vier Semestern das Handtuch. Zur Ärzteschaft hat er ein gebrochenes Verhältnis entwickelt, wie sein Spätwerk „… über Ärzte und Patienten. Der Nächstbeste, bitte!“ zeigt. den jungen Theatermacher dazu ermutigte, der Bühne treu zu bleiben. Später gab Qualtinger seinem Sohn den zweiten Vornamen Heimito. Uraufführung in Graz Doch zu allererst studierte Qualtinger parallel Medizin und Zeitungswissenschaf- ten, vier Semester lang. Da- nach erfolgte der Wechsel ans Max-Reinhardt-Seminar zur Schauspieler-Ausbildung. Parallel dazu stand er re- gelmäßig auf einer Studen- tenbühne. Ausgerechnet in Graz erhielt Qualtinger die Gelegenheit zur Urauffüh- rung seines ersten eigenen Theaterstückes Jugend vor den Schranken . Die dabei gemachten Erfahrungen haben seine Beziehung zur steirischen Landeshauptstadt allerdings nachhaltig beein- trächtigt. Schon während des Stückes musste zusätz- licher Polizeischutz für die Schauspieler*innen angefor- dert werden; das Publikum soll nach einer Passage, in der ein Staatsanwalt auf der Büh- ne die Todesstrafe verhängt hat, dieselbe für den Verfasser des Stückes gefordert haben. Noch im Alter von 50+, als „… über Ärzte und Patienten. Der Nächstbeste, bitte!“ erschien, rächte er sich dafür, indem Graz darin als Ort der Spießer herhalten muss, oder als ein Ort, wohin höchstens Tote überführt werden. In keinem guten Licht Apropos Tote: Die Heilkünst- ler lässt Qualtinger generell in keinem guten Licht erschei- nen. Vielmehr thematisiert Medizinstudi- umsabbrecher Helmut Qual- tinger zog als Literat über die Ärzte her – und die Stadt Graz.

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