AERZTE Steiermark | November 2020

ÆRZTE Steiermark  || 11|2020 13 de fast nicht ertragen kann. Meine Tiere sind für mich ein kleiner Beitrag an Wieder- gutmachung für dieses Leid an wehrlosen und fühlenden Wesen.“ Zudem geht es Mächler-Neu- ner um den seelischen Gleich- klang mit den Lamas, die sie als ihre perfekte Burnout-Prä- vention bezeichnet. „Wer mit einem Lama spazieren geht, taucht in seine Langsamkeit ein. Hektisches Drängen hilft da gar nichts, das Lama geht unbeirrt sein Tempo. Des- halb wirkt es so entschleu- nigend.“ Oft geht sie mit den Lamas die Quellenwege in ihrer Umgebung, gerne auch mit Freunden. Mit Hubschrauber vom Schöckl Vor Jahren hat ihre Fami- lie auch einmal einen Aus- flug mit den Lamas auf den Schöckl gemacht. Ein ge- wagtes Unternehmen, wie sich im Nachhinein heraus- gestellt hat. „Eines der Tiere ist mit dem Fuß in einer Felsspalte stecken geblieben und hat sich eine Fraktur zugezogen. Das Lama musste schließlich mit dem Hub- schrauber geborgen werden.“ Abgesehen von diesem Er- lebnis, verläuft das Leben mit den Lamas für Mächler- als auch in die Arbeit in ihrer Kumberger Ordination ein, wo sie vor allem Ayurveda und Ohrakupunktur anbietet. Dass Lamas und Ziegen prin- zipiell nicht gemeinsam ge- halten werden sollen, lässt sich aus der Mobbing-Erfah- rung in ihrer Herde aller- dings nicht schließen. „Mein Ziegenbock ist so in eine Lamastute verliebt, dass er es nicht ausgehalten hat, als ich die Herde aus Gründen der Quarantäne auseinander- sperren musste. Er wäre glatt an Liebeskummer gestorben.“ Zu seiner Rettung durfte er wieder zu den Lamas und somit in die Nähe seiner An- gebeteten. Meister der Entschleunigung Wenn auch naturgemäß nicht zwischen dem (ohnehin kas­ trierten) Ziegenbock und der Lamastute – Nachwuchs gab es in der Mächler-Neuner- schen Lamaherde insgesamt bereits sieben Mal. Nun sind drei Mädels übrig geblieben und keine weiteren Zuläufe geplant. „Man trägt doch sehr lange Verantwortung für die Tiere, die 20 bis 25 Jahre alt werden können.“ Aber die Zucht war ohnehin nie das Ziel ihrer Lama-Haltung. Vielmehr möchte sie ihren Tieren ein schönes Leben er- möglichen. „Der Umgang mit Nutztieren ist in Österreich – und der ganzen Welt – so grausam und herzlos, dass ein Mensch, der etwas Empathie empfindet und der sich der Wahrheit stellt, diese Zustän- Neuner eher gemächlich. Da- rauf versucht sie auch stets zu achten, dass sich eine Balance zwischen Beruf und Privat- leben herstellen lässt. Als Ju- gendliche war sie Meisterin im Leichtathletik-Fünfkampf und Bundesmeisterin der Ju- gend im Hürdenlauf. Doch als sie mit 17 hätte täglich trainieren müssen, um an der Spitze zu bleiben, entschied sie sich dafür, den Sport wie- der als Hobby auszuüben. Zwar auf hohem Niveau – mit 38 machte sie den Mountain- bike-Lehrwart, 2011 nahm sie am Ultraradrennen Race Around Austria teil –, aber mit Maß und Ziel. Bewusst in Balance Auch beruflich hat Mächler- Neuner bewusst zurückge- steckt, als sie vor der Wahl stand, Zeit für ihren damals zweijährigen Sohn zu haben oder eine Fachausbildung zu machen. „Ich hatte jahrelang auf der Pathologie als Assis­ tenzärztin im Labor gearbei- tet – und unter anderem am Troponin-Elisa mitgeforscht, einem Projekt meines Ehe- mannes. Ich wollte aber nicht ewig dort bleiben, habe dann einen Teil des Turnus an der damaligen 2. Med absol- viert und hätte anschließend am LKH West eine Facharzt- Ausbildungsstelle für Kardi- ologie bekommen. Aber ich habe es nie bereut, mich für die Familie entschieden zu haben.“ Nach arbeits- und sportmedizinischen Zusatz- ausbildungen begann sie in der kardiologischen Reha zu arbeiten; in den vergangenen Jahren ließ sie sich an der Europäischen Akademie für Ayurveda in Berlin (REAA) ausbilden und absolvierte ab 2014 den universitären Mas­ terlehrgang Ayurvedamedi- zin, den die REAA in Zusam- menarbeit mit der Middlesex University London anbietet. Vom Lama gelernt Auf die Frage, ob sie selbst schon einmal Opfer eines Spuckangriffs ihrer Lamas ge- worden sei, lacht sie zunächst nur. Ja, sie sei einmal dazwi- schengeraten, als zwei Lamas ihren Futterneid artgemäß ausgedrückt hätten. Wobei die erste Drohgebärde, das Spucken ihres Speichels, noch nicht so schlimm sei. „Wenn die Lamas dann grünen Ma- geninhalt heraufwürgen, wird es echt unangenehm. Das stinkt wie die Hölle und ist auch nicht leicht wieder weg- zubekommen.“ Noch wehrt sich Mächler- Neuner nicht mit Spucken, wenn ihr im Leben Uner- wünschtes widerfährt. Aber sie meint, ein bisschen hätten die Lamas schon auf ihre Persönlichkeit abgefärbt: „Ich lasse mich in Ruhe auf Men- schen ein, erspüre, wie es ihnen geht und nehme ger- ne nonverbale Informationen auf.“ ÄRZTIN IM BESONDEREN DIENST Fotos: beigestellt

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