AERZTE Steiermark | Juli/August 2020
COVER Foto: Sabine Klimpt ÆRZTE Steiermark || 07/08|2020 9 Anstrengungen und unter be- trächtlichen Opfern für weite Teile der Bevölkerung abge- wendet worden. Jetzt können viele Maßnahmen sukzessive gelockert werden. Generell Abstand halten und Mund- Nasen-Schutz in bestimmten Situationen werden uns aber wohl weiterhin erhalten blei- ben. Wer lauthals alle Maß- nahmen ablehnt, sabotiert das Erreichte und gefährdet den sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufschwung. AERZTE Steiermark: Es gibt aber auch jene, die weiterhin sehr ängstlich agieren. Viele Lokale, Geschäfte und Dienst- leister beklagen Gäste- bzw. Kundenmangel. Und auch die Arztpraxen werden keineswegs gestürmt. Wäre da ein biss- chen mehr Normalität nicht vernünftiger? Josef Smolle: Es geht um sach- liches Wissen über das wei- terhin bestehende Risiko. Mit entsprechender Umsicht und Achtsamkeit kann man die Gefahr für sich und andere minimieren. AERZTE Steiermark: Oft hört man, dass SARS-CoV-2 AERZTE Steiermark: Nach dem Co rona-Lockdown scheint es eine Art Sehnsucht nach der Rückkehr zur al- ten „Leichtigkeit des Seins“ zu geben. Verstehen Sie das als Arzt? Josef Smolle: Die Sehnsucht verstehe ich, aber wir müssen Geduld haben. Das Virus ist weiterhin da, und eine unein- geschränkte Rückkehr zu allen alten Gewohnheiten würde unweigerlich einen neuen Aus- bruch der Pandemie provo- zieren. AERZTE Steiermark: Und was sagen Sie als Politiker dazu: Wenn immer mehr Menschen „unvernünftig“ sein wollen, ist es doch schwierig, sie daran ohne Zwang zu hindern? Josef Smolle: Die Menschen in unserem Land haben die Lockdown-Maßnahmen per- fekt mitgetragen. Dabei betone ich immer wieder, dass es sich hierbei nicht um „Dis- ziplin“, sondern um Einsicht und Rücksichtnahme handelt. Und ein solch hohes Maß an Vernunft wird unsere Gesell- schaft auch weiterhin an den Tag legen. AERZTE Steiermark: Sie plä- dieren dafür, in der Corona- Zeit erlernte, „vernünftige“ Verhaltensweisen beizubehal- ten. Was meinen Sie damit? Josef Smolle: In Österreich ist die gesundheitliche Katas trophe durch gemeinsame Ärztinnen und Ärzte sind irri- tiert, weil die öffentliche Hand auf Impfstraßen und Massen- impfungen zu setzen scheint statt auf persönliche, ver- trauensvolle Impfaufklärung. Könnte man nicht auch diese persönliche Ebene stärken? Josef Smolle: Von Seiten der Politik setzen wir sowohl auf das persönliche, von Vertrauen getragene Gespräch als auch auf niederschwellige Ange- bote. Beides ist notwendig, um erfolgreiche Impfungen allen Menschen zugutekommen zu lassen. AERZTE Steiermark: Im Vorjahr schien es klar, dass ein ärztliches Impfgespräch fixer Bestandteil des Mutter- Kind-Pass-Programms wird. Das scheint wieder in Verges- senheit geraten zu sein. Wäre es nicht sinnvoll, das endlich umzusetzen – es wurde ja auch von den Fachleuten emp- fohlen? Josef Smolle: Dieses Anliegen unterstütze ich gerne. AERZTE Steiermark: Wa- rum nicht auch ein ärztliches Impfgespräch für Erwachsene? Vielleicht ließe sich ja so die seinen Schrecken verlieren wird, wenn es eine Impfung gibt. Wir wissen nicht genau, wann es sie geben wird, aber wir wissen, dass vorhandene, hilfreiche Impfungen nicht von allen genutzt werden. Was sagt ein Arzt und Politiker die- sen Menschen? Josef Smolle: Ich hoffe sehr, dass es in absehbarer Zeit ei- nen wirksamen SARS-CoV-2- Impfstoff geben wird. Dann werden sich vernünftigerweise ausreichend viele Menschen impfen lassen. Zugleich plä- diere ich dafür, die vorhan- denen Impfungen zu nutzen. Manche Personen scheinen den Gedanken an die Krank- heiten, die durch Impfungen ihren Schrecken verloren ha- ben, effektiv zu verdrängen. Ich denke da u. a. an Masern, Diphtherie, Tetanus oder Po- liomyelitis. Da muss man auch historisch zurückblicken und begreiflich machen, welchen unglaublichen Fortschritt die Impfungen für jene Generati- onen bedeutet haben, die diese Krankheiten noch mit all ihren Risiken und Unwägbarkeiten erfahren mussten. AERZTE Steiermark: Viele „Eine uneingeschränkte Rückkehr zu allen alten Gewohnheiten würde unweigerlich einen neuen Ausbruch der Pandemie provozieren.“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=