AERZTE Steiermark | Juli/August 2020
WIRTSCHAFT & ERFOLG 33 ÆRZTE Steiermark || 07/08|2020 adäquate Pensionsleistungen bieten zu können, war es unumgänglich, die Pensions- systeme „neu“ in der Umla- ge zu starten. Das bedeutet, dass die Pensionssysteme mit einer „Anfangsschuld“ ge- startet sind, der kein Kapi- tal gegenüberstand. Solan- ge gewährleistet ist, dass zu einem Pensionssystem eine Pf lichtmitgliedschaft be- steht und der Bestand da- her niemals aussterben kann, ist eine Fortschreibung der Anfangsschuld zumeist un- problematisch und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Was jedoch vermieden werden muss, ist, dass die Anfangsschuld durch weitere Schulden wie z. B. nicht zeitgerechte Anpassung von Ertragserwartungen oder eine nicht marktübliche Ge- staltung von Beiträgen und Leistungen weiter anwächst. Dies war der Grund für die zahlreichen Maßnahmen, die in den letzten beiden Jahr- zehnten im Wohlfahrtsfonds gesetzt wurden. Welche Maßnahmen? Riegler: Neben den laufenden Anpassungen des Beitrags- und Leistungsrechts war wohl die größte Maßnahme die Einführung der Beitragsori- entierten Zusatzversorgung (BZV), die als Nachfolge system der früheren „Zusatz- leistung“ und „erweiterten Zusatzleistung“ 2012 einge- führt wurde. Die BZV ist als beitragsorientiertes Sys- tem – ähnlich einem Pensi- onskassensystem – gestaltet. Man ist dort bereits nahe an einer Kapitaldeckung. Re- trospektiv betrachtet hat der Wohlfahrtsfonds mit dieser Reform sehr viel richtig ge- macht. Generell darf auch nicht vergessen werden, dass die Wohlfahrtsfondsbeiträge zur Gänze steuerlich absetz- bar sind und dies ist ein enor- mer Vorteil. Das Jahr 2019 war ein ausge- zeichnetes Veranlagungsjahr für den Wohlfahrtsfonds. Dennoch fallen die Pensionserhöhungen moderat aus. Woran liegt das? Riegler: Beim Wohlfahrts- fonds geht es nicht um die Effekte einzelner Jahre, son- dern um eine langfristige nachhaltige Entwicklung. Gute Veranlagungsjahre die- nen dazu, mit aufgebauten Kapitalreserven Folgen von negativen Veranlagungsjah- ren auszugleichen – wie dies wahrscheinlich durch die Co- rona-Krise der Fall sein wird. Ist mit den Reformen der bei- den Jahrzehnte jetzt „Schluss“? Riegler: Frei nach dem Motto eines bekannten Baumarktes „gibt es immer was zu tun“. Auf Basis der langfristigen Bestandsentwicklung ist auf ein ausgewogenes Beitrags- Leistungs-Verhältnis zu ach- ten und andererseits sind be- stehende Systeme im Rah- men des rechtlich Möglichen weiterzuentwickeln, um den (neuen) Bedürfnissen der Mit- glieder auch Rechnung zu tra- gen (Stichworte: Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Ver- ständlichkeit, Nachhaltigkeit). DI Karin Riegler ist Versi- cherungsmathematikerin und berät u. a. die Ärz- tekammer Steiermark. Pensions-Finanzierungssysteme und ihre spezifischen Charakteristika Mischsystem – Anwartschaftsdeckungssystem Pensionen des Wohlfahrtsfonds Umlage- system (z. B. staatliches Pensionssystem) Demografische Entwicklung Kapitalmarktrisiko Kapitaldeckungs system (z. B. Pensionskassen system) 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045 2046 2047 Pensions antritte Entwicklung der Pensionsantritte 2018–2047 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 Ärztinnen Ärzte Quelle: Ärztekammer Steiermark
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