AERZTE Steiermark | Juli/August 2020

Foto: Johannes Zinner „Für uns steht die Aufklärung der Menschen und die Selbst- bestimmung eines jeden im Mittelpunkt. Deswegen kann eine generelle Impfpflicht keine Lösung sein … Beim Impfen ist Bewusstseinsbildung und Aufklärung viel wichtiger und letztendlich auch nachhaltiger. Darum wird das aufklärende Impfgespräch verpflichtend in den Mutter-Kind-Pass aufge- nommen. Das Thema Impfen wird direkt angesprochen, Be- wusstsein geschaffen und auf die Konsequenzen des Nicht- Impfens hingewiesen.“ So be- antwortete die ehemalige Sozi- al- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) im Mai vergangenen Jahres eine parlamentarische Anfrage. Und schon Ende Jänner 2019 ließ die freiheitliche Gesund- heitssprecherin NAbg. Prima- ria Brigitte Povysil per Presse- information wissen: „Im Zuge der Reform des Mutter-Kind- Passes ist die Verankerung eines Impfgespräches geplant. Damit setzen wir angesichts der seit Jahren rückläufigen Impfraten eine wichtige Maß- nahme im Sinne der Gesund- heit der Menschen um und stellen die Prävention in den Mittelpunkt.“ Auch die Medi- zinerin und SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hatte sich für das Impfgespräch stark gemacht. Mittlerweile ist viel Wasser die Donau, den Inn, die Drau, Mur und Enns sowie die anderen Flüsse Österreichs hinunterge- ronnen. Und um das „verpflich- tende Impfgespräch“ ist es sehr ruhig geworden. Ebenso ruhig wie um das umfangreiche Ex- pe r teng re - mium, das die Reform des Mutter- Kind-Pass- Programms f a c h l i c h vorbereitet hatte. Dem Vernehmen nach wur- de es Ende letzten Jah- res aufgelöst. In einem Punkt gibt es jedoch Kontinuität. Auch die ak- tuelle Bun- d e s r e g i e - rung spricht sich – eben- so wie die Verantwort- lichen in der Vergangen- heit es taten – vehement gegen eine allgemeine Impfpflicht aus. Was öster- r e i c hw e i t kommen könnte, ist eine „Im- munisierungsverpflichtung“ für Gesundheitsberufe nach steirischem Vorbild – so wie es noch Christopher Drexler als Gesundheitslandesrat für Be- dienstete der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft durchgesetzt hat. Aber was ist mit dem Impfge- spräch als greifbarer und kon- kreter Form der „Impfinfor- mation“, wie sie immer wieder beschworen wird? „Im Mutter- Kind-Pa ss - Pro g ramm sollte ein o b l i g a t o - risches ärzt- liches Impf- g e s p r ä c h g es chaf fen werden – da- rüber gab es noch im letzten Jahr we itg ehen - den fach- lichen und politischen K o n s e n s . Diese Initi- ative sollte keinesfalls a u f g e g e - ben werden. S t a t t d e s - sen wäre es d r i n g l i c h notwendig, dieses Impf- g e s p r ä c h mö g l i c h s t umgehend in die Mutter- Kind-Pa ss - Verordnung a u f z u n e h - men. Statt- finden kann es vor oder sehr rasch nach der Geburt – Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin bzw. Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Ge- burtshilfe bzw. für Kinder- und Jugendheilkunde kommen da- für in Frage. Dieses Impfge- spräch könnte auch für die Influenza ein für alle akzep- tabler und einfacher Ausweg aus der „Impfpflicht“-Debatte sein … Nach einem ärztlichen Impf- gespräch können Patientinnen und Patienten ohne Angabe von Gründen die Influenza-Impfung ablehnen (Opt-out-Regelung). Die internationale Forschung weist klar darauf hin, dass so die Entscheidungsfreiheit aufrecht- erhalten bleibt und dennoch das erwünschte Verhalten (Impfen) wahrscheinlicher wird. Statt also das Impfen beliebiger zu machen, ist es weitaus emp- fehlenswerter, die Information auf persönlicher Ebene durch ein solches Impfgespräch zu stär- ken. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Impfkapazitäten in den ärzt- lichen Ordinationen für eine hohe Influenza-Impfbeteiligung durchaus vorhanden sind.“ So steht es in einem Schrei- ben, das die Ärztekammer Steiermark im Juni 2020 an Gesundheitsminister Rudolf Anschober richtete. Die Signale aus dem Ministerium sind aber eher verhalten. Auf die Imp- fungen werde als Teil der all- gemeinen Aufklärung lediglich hingewiesen. Aber es gibt auch positive Nachrichten. Gemeinsam mit der Wissenschaftlichen Aka- demie für Vorsorgemedizin (WAVM) hat das Land Stei- ermark auf Initiative von Ge- sundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß eine Medien- kampagne zur Steigerung der Impfbeteiligung gestartet. Mot- to: „Impfungen nützen, weil sie schützen – unsere Jüngsten und Schwächsten.“ Und ÖVP- Nationalratsabgeordneter Josef Smolle (siehe nebenstehendes Interview) sagt auf die Frage nach dem Impfgespräch, dass er dieses Anliegen sehr gerne unterstütze. Das fast „vergessene“ Impfgespräch Das explizite „Impfgespräch“ als integrierter Bestandteil des Mutter-Kind-Pass-Programms schien bis zum Regierungswechsel im Jahr 2019 noch fix. Mittlerweile wird wenig darüber gesprochen. COVER 10 ÆRZTE Steiermark  || 07/08|2020 „Das aufklärende Impfgespräch (wird) verpflichtend in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen.“ Die ehemalige Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein im Mai 2019

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