AERZTE Steiermark | Juli/August 2019

22 Ærzte Steiermark  || 07/08|2019 Gesundheitspolitik Geplante Änderung des Blutsicherheitsgesetzes soll Blutspenden ohne ärztliche Betreuung ermög­ lichen. Die Leidtragenden sind die Freiwilligen, die für rund 500.000 Blutspenden pro Jahr sorgen. Blutspenden ohne Ärzte? „… sind Vollblutspenden auch ohne Anwesenheit eines Arztes nach Vorgaben eines hierfür qualifizierten und zur selbst- ständigen Berufsausübung in Österreich berechtigten Arztes in Anwesenheit eines/r hierfür qualifizierten Angehörigen des gehobenen Dienstes in der Ge- sundheits- und Krankenpflege (…) zulässig.“ Laut Gesetz sollen also bald keine Ärztinnen und Ärzte die Blutspendetermine betreuen müssen. Dahinter steckt eine simple Erklärung: Blutkon- serven sind knapp, wie das Rote Kreuz immer wieder erklärt. Und Ärztinnen und Ärzte, die die zahlreichen Blutspendetermine betreuen – praktisch jeden Tag ein bis zwei in der Steiermark –, seien immer schwerer zu finden. Ohne Ärztinnen und Ärzte wird es einfacher. Wer nicht sucht … Allerdings: Nur wer sucht, kann finden. „Ich habe in die- sem Jahr noch kein einziges Stelleninserat gesehen, in dem Blutspende-Ärztinnen und -Ärzte gesucht werden. Wer keine Ärztinnen und Ärzte sucht, wird auch keine fin- den“, stellte der Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark, Dietmar Bayer, kürzlich fest. Weder auf der Website des Roten Kreuzes, noch der der Ärztekammer Steiermark gibt es aktuelle Stellenausschrei- bungen zur ärztlichen Betreu- ung von Blutspendeaktionen. Auch nicht auf diversen Job- Operationsmethoden laufend verbessert, sodass weniger in- vasiv und blutsparender ope- riert werden kann – was für den Patienten eine deutliche Verbesserung darstellt“, so die Website des Roten Kreuzes Steiermark. Das „Bummerl“ haben aber die freiwilligen und unbezahlten Spenderinnen und Spender, wenn ihnen keine Ärztinnen und Ärzte mehr zur Verfügung stehen. Die Feststellung der ge- sundheitlichen Eignung zum Spenden, die derzeit von Ärz- tinnen und Ärzten erbracht wird, ist dabei nur ein Teilas- pekt. Denn natürlich kann es beim Blutspenden zu Kom- plikationen kommen. Kreis- laufprobleme und Schwindel, die bis zur Bewusstlosigkeit führen können, oder Muskel- krämpfe werden berichtet. In dem Fall ist es gut zu wissen, dass ärztliche Hilfe unmittel- bar zur Verfügung steht. „Wer freiwillig Blut spendet, hat das Recht auf höchste Sicherheit und im Ernstfall unmittelbare ärztliche Betreuung“, sagten der steirische Ärztekammer- präsident Herwig Lindner und der stellvertretende Ob- mann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Chris­ toph Schweighofer: „Dieje- nigen, die Blutspenden ohne Anwesenheit eines Arztes per Gesetzesänderung erlauben, bringen damit Menschen in große Gefahr.“ Nimmt die Politik diese Gefahr in Kauf? Bisher scheint sie das zu wollen. plattformen. Wenn man über- zeugt ist, bald keine Ärzte mehr zu brauchen … Informell wird gesucht – und alles andere als gut bezahlt. Dem Vernehmen nach erhal- ten Blutspende-Ärztinnen und -Ärzte kaum die Hälfte dessen, was im Kollektivvertrag zur Anstellung vom Arzt beim Arzt vorgesehen ist. Da ist es wenig überraschend, wenn sich Ärztinnen und Ärzte um den Job nicht gerade reißen. Geschäft Blut Nicht das Blutspenden (das machen die Spenderinnen und Spender ja weitgehend ehrenamtlich und freiwillig), aber der Verkauf der Blutkon- serven (laut RotemKreuz wer- den in der Steiermark aktuell rund 66.000 pro Jahr benö- tigt) ist ein bedeutendes Ge- schäft. Ein schon etwas älterer Rechnungshofbericht (2011) rechnet vor, dass der Preis einer Blutkonserve von 2002 bis 2009 um 164,5 Prozent stieg. „Die Kosten der von der gemeinnützigen Organisa­ tion bezogenen verwendbaren Vollblutkonserven“ stiegen im gleichen Zeitraum um 184,5 Prozent. Der Rechnungshof (RH) stellte in seinem Bericht fest, „dass es beim Bezug von Vollblutkonserven von der gemeinnützigen Organisati- on zu signifikanten Preisstei- gerungen kam“. Er empfahl der KAGes, „im Interesse einer Senkung der Kosten die in der Vereinbarung vorge- sehenen Möglichkeiten der Preisreduktion bei Lieferung von Vollblutkonserven über den für jede Blutgruppe defi- nierten Maximalstand in Zu- kunft zu nutzen“. Die genaue Kostenzusammenset zung blieb damals aber unklar: „Die gemeinnützige Organi- sation stellte der KAGes im Jahr 2005 eine Kostenkalku- lation zur Verfügung; eine detaillierte Prüfung dieser Kalkulation war allerdings nicht möglich“, heißt es lapi- dar im Bericht. Eines kann man aber als gesi- chert annehmen: Ohne – vor allem angemessen bezahlte – Ärztinnen und Ärzte wird die Herstellung der Blutkon- serven billiger. Was natürlich gut für den Gesamterlös ist. Denn ein Problem hat die „gemeinnützige Organisati- on“: Der Markt schrumpft. „In den letzten Jahren nimmt der Blutbedarf in Österreich leicht, aber kontinuierlich ab. Zwei Gründe sind dafür ver- antwortlich: Einerseits gehen die Krankenhäuser sparsamer und vernünftiger mit der oh- nedies begrenzten Ressource Blut um, andererseits werden „Diejenigen, die ein solches Gesetz beschließen, bringen damit Menschen in große Gefahr.“ Herwig Lindner & Christoph Schweighofer Foto: Adobe Stock

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