AERZTE Steiermark | Mai 2018
ÆRZTE Steiermark || 05|2018 15 SERIE Arzt im besonderen Dienst Hörbeeinträchtigten dorthin. Selbst bei stationärer Auf- nahme: „Ich schleuse mich in den OP ein und bleibe, bis die Narkose wirkt. Danach erwarte ich den Patienten wie- der im Aufwachraum“, erzählt Schwester Michaela. Im Falle einer Überweisung an einen externen Facharzt – oder bei rechtlich heiklen Angelegen- heiten wie einem präopera- tiven Auf klärungsgespräch – wird jedoch ein geprüfter Gebärdensprachdolmetscher organisiert. Von Österreich lernen Selbstverständlich sprechen in der Gehörlosenambulanz alle, auch die Mitarbeiterinnen des Empfangs, Gebärdenspra- che. Denn viele Gehörlose haben Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, weil ihr Sprachverständnis nicht aus- reichend entwickelt wurde; sie können nur in Gebärdenspra- che differenziertere Auskünf- te geben. „Daher halten wir auch unsere medizinischen Fragebögen bewusst sehr ein- fach“, erklärt Kaufmann. Im Warteraum unterhalten sich die Patienten miteinander; da wird durchaus heftig disku- tiert – wenn auch nahezu lautlos. Hier stößt man an eine Sprachbarriere, wenn man keine Gebärdensprache spricht. Kaufmann selbst ist über eine Chorkollegin auf die Idee ge- kommen, Gebärdensprache zu lernen. „Sie meinte, auf dem Gebiet der ärztlichen Versorgung Gehörloser gebe es noch eine eklatante Unter- versorgung. Und mich hat die Gebärdensprache einfach fas- ziniert.“ Kaufmann besuchte zwei Jahre lang an der Uni- versität Kurse, dann lag sein Wissen eine Zeit lang brach. Im Turnus in Kirchdorf an der Krems wurde er in der Folge einmal zu einer Geburt hin- zugezogen, um die gehörlose werdende Mutter in der Kom- munikation mit den Geburts- helfern zu unterstützen. Nach dem Turnus arbeitete Kauf- mann kurz als Stationsarzt auf der Inneren Medizin im LKH West, aber als er schließlich eher zufällig von der in Graz geplanten Gehörlosenambu- lanz erfuhr, war er begeistert von der Idee und bewarb sich sofort. „Das können nämlich die Holländer noch von den Österreichern lernen – die medizinische Grundversor- gung der Gehörlosen.“ Le- diglich in Frankreich gebe es flächendeckend vergleichbare Zentren – und auch die seien nach österreichischem Vorbild entstanden. Unbewusste Gebärden In seinem gewohnten Ar- beitsumfeld der Ambulanz untermalt Kaufmann auch im Gespräch mit Hörenden so manchen Satz mit einer Gebärde, ohne sich dessen bewusst zu sein. Spricht er von Vergangenem, positio- niert er die Hand so an seiner rechten Schulter, als würde er in Gebärdensprache eine Vor- zeitlichkeit ausdrücken. Diese zusätzliche Kommunikati- onsebene bietet auch einen spannenden Input für jene Menschen, die ihn dort in seiner Funktion als Wahlarzt konsultieren, denn bis zum großen Ausbau des Kran- kenhauses der Barmherzigen Brüder in der Marschallgasse ist er darin auch mit seiner eigenen Praxis eingemietet. Als Wahlarzt kann er unein- geschränkt auf seine Kompe- tenzen als Psychotherapeut und Ganzheitsmediziner zurückgreifen, nutzt phyto- therapeutische Ansätze und kombiniert sie mit Diagnose- formen der TCM. Ob auf sprachlicher Ebene oder bei der Integration Chi- nesischer Medizin in die West- liche: Nach wie vor reizt David Kaufmann das Fremde, das Eintauchen in andere Kul- turen. Ins Ausland möchte er allerdings nicht so schnell wie- der gehen, ist doch seine Fami- lie – Kaufmann ist verheiratet und Vater einer Vierjährigen und eines Achtjährigen – hier gut verwurzelt. „Aber eigent- lich reise ich ohnehin jeden Tag in ein anderes Land, wenn ich zur Arbeit gehe.“ Foto: Maria Breitenbaumer Karriere mitKAGes Alle Stellen für Ärztinnen/Ärzte und andere Gesundheitsberufe in den steirischen LKH. www1.kages.at/jobs-bildung/unser-angebot KAGes-Jobportal 2018.indd 1 13.12.2017 13:22:33 „Das können nämlich die Holländer noch von den Österreichern lernen – die medizinische Grundversorgung der Gehörlosen.“
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