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Das neue Arbeitszeitgesetz und ich

Am 1. Jänner 2015 tritt das neue Krankenanstaltenarbeitszeitgesetz in Kraft. Es betrifft alle Spitalsärztinnen und Spitalsärzte in Österreich und wirft viele Fragen auf. Hier gibt es die Antworten.

Daniel Wabnegg

Am 23. Oktober 2014 wurde vom Nationalrat die Änderung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes in seiner gelten Form beschlossen. Die Gründe dafür sind mittlerweile weitläufig bekannt, das Gesetz in seiner aktuellen Fassung stellte keine konforme Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahr 2003 dar. Um hohe Strafzahlungen an die EU zu verhindern, war der Staat Österreich dazu gezwungen schnellstmöglich eine richtlinienkonforme Änderung des KA-AZG zu beschließen.

Doch was bedeutet das für das tägliche Arbeitsleben einer Ärztin bzw. eines Arztes im Spital? Was wird sich konkret ändern? Ab 1. Jänner 2015, ab 1. Jänner 2018, ab 1. Jänner und ab 1. Juli 2021?
Das neue KA-AZG sieht eine stufenweise Absenkung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit bis 30. Juni 2021 vor. Mit Ende der letzten Stufe sind ab 1. Juli 2021 nur noch maximal 25 Arbeitsstunden am Stück und durchschnittlich 48 Arbeitsstunden in der Woche zulässig. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2015 ist jedoch weiterhin noch vieles, was aktuell erlaubt ist, auch weiterhin möglich.

Wie lange darf ab 1. Jänner 2015 der Journaldienst dauern bzw. ändert mein Opt-out etwas an dieser Dauer meines Journaldienstes?
Das Opt-out, also die persönliche Zustimmung, auch künftig länger als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, ist unabhängig von der Dauer des Journaldienstes bzw. der maximal durchgehenden Tagesarbeitszeit. Das Gesetz erlaubt bis zum 31.12.2017 auch weiterhin 32 – bzw. an einem Wochenende 49 – Stunden dauernde Journaldienste – und das unabhängig vom persönlichen Opt-out.

Warum werden dann ab 1. Jänner 2015 nur noch 25 Stunden dauernde Journaldienste die Regel sein?
Die Gründe dafür liegen nicht in den arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes, sondern in den gesetzlich normierten Ruhezeiten. Absolviert eine Ärztin/ein Arzt ab 1. Jänner 2015 einen Journaldienst, so hat sie/er im Anschluss eine gesetzlich normierte Ruhezeit, die sich gemäß der Formel „Dauer des Journaldienstes minus 2 Stunden“ errechnet.

Einige Beispiele:

  • Dauert der Dienst aktuell 32 Stunden, so dauert die darauf folgende Ruhezeit 30 Stunden, was in weiterer Folge bedeutet, dass, wenn der Arzt um 15.30 außer Dienst geht, er erst wieder um 21.30 des darauffolgenden Tages zu arbeiten beginnen dürfte.
     
  • Dauert der Dienst 28 Stunden, so dauert die darauf folgende Ruhezeit 26 Stunden, was in weiterer Folge bedeutet, dass, wenn der Arzt um 11.00 außer Dienst geht, er erst wieder um 13.00 des darauffolgenden Tages zu arbeiten beginnen dürfte.
     
  • Dauert der Dienst jedoch künftig 25 Stunden, so kann der Arzt, wenn er um 08.00 außer Dienst geht, am darauffolgenden Tag nach einer Ruhezeit von 23 Stunden theoretisch bereits wieder ab 07.00 seine Arbeit aufnehmen.

Die Umstellung auf eine maximale Dienstdauer von 25 Stunden ist daher in den meisten Krankenhäusern organisatorisch notwendig. Eine gesetzliche Verpflichtung, die maximal durchgehende Arbeitszeit zu verkürzen, gibt es jedoch erst ab 1. Jänner 2018. Ab diesem Zeitpunkt verkürzt sich die maximal durchgehende Arbeitszeit generell auf 29 Stunden. Ab 1. Jänner 2021 tritt dann die letzte Stufe in Kraft und die maximal durchgehende Arbeitszeit verkürzt sich nochmals auf 25 Stunden.

Wie viele Stunden darf ich in den einzelnen Wochen arbeiten, wenn ich mich zum Opt-out entschließe und wie viel Stunden sind es ohne Opt-out?
Entschließt man sich ab 1. Jänner 2015, die Zustimmung zur Erhöhung der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit zu erteilen, so ist es bis zum 31. Dezember 2017 möglich, bis zu einer maximal zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit von 60 Stunden pro Woche zu arbeiten (dies ist auch die Grenze des aktuellen KA-AZG) bzw. zur Arbeitsleistung eingeteilt zu werden. Ab 1. Jänner 2018 gilt für alle, die dem Opt-out zustimmen, noch bis 30. Juni 2021 eine maximal zulässige durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 55 Stunden pro Woche. Für alle, die einer Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit nicht zustimmen, gilt bereits ab 1. Jänner 2015 eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche.

Bedeutet das, dass ich regelmäßig nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten darf bzw. muss, wenn ich keine Zustimmung erteile?
Nein. Auch ohne Opt-out kann die Arbeitszeit jeder Ärztin bzw. jedes Arztes auch zukünftig in einzelnen Wochen bis zu maximal 72 Stunden betragen (diese Grenze gilt auch für alle, die das Opt-out wählen). Es darf sich aber im Durchrechnungszeitraum von mindestens 17 Wochen (bzw. unter gewissen Voraussetzungen auch auf 26 und 52 Wochen erweiterbar) keine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von mehr als 48 Stunden ergeben. Das bedeutet: Wenn die wöchentliche Arbeitszeit phasenweise 48 Stunden überschreitet, müssen die darüber liegenden Zeiten noch während des laufenden Durchrechnungszeitraums ausgeglichen werden. Man muss bzw. darf also im Lauf der darauffolgenden Wochen um die Stunden weniger arbeiten, um die man davor die 48 Stunden-Grenze überschritten hat.

Wie lange ist dieser Durchrechnungszeitraum, und werden Zeiten aus Urlaub, Krankenständen und fortbildungsbedingter Abwesenheit bei der Berechnung des Durchschnitts berücksichtigt?
Der gesetzlich normierte Durchrechnungszeitraum beträgt grundsätzlich 17 Wochen, kann jedoch unter gewissen Voraussetzungen im Wege einer Betriebsvereinbarung auf 26 bzw. 52 Wochen – also auf ein halbes oder ein ganzes Jahr – erweitert werden
Zeiten aus Urlauben und Krankenständen sind neutrale Zeiten und werden für die Berechnung des Durchschnitts der Arbeitszeit nicht herangezogen. Zeiten aus Fortbildungen – sofern sie dienstlich veranlasst sind – fallen in die Berechnung.

Ein Beispiel:
Im Verlauf eines zulässig vereinbarten 52-wöchigen Durchrechnungszeitraums hat eine Ärztin 5 Wochen Urlaub konsumiert und war 1 Woche krank, weiters war sie 2 Wochen auf Fortbildung. In Summe werden für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit 46 Wochen herangezogen.
 

Wie viele Journaldienste kann ich ab 1. Jänner 2015 pro Monat leisten, wenn ich mich zum Opt-out entschließe bzw. wenn ich keine Zustimmung gebe?
Für alle Ärztinnen und Ärzte, die dem Opt-out zustimmen, gilt weiterhin die aktuelle Höchstgrenze von 6 – bzw. mit individueller Betriebsvereinbarung an der jeweiligen Krankenanstalt 8  – Journaldiensten pro Monat.
Wird die Zustimmung zum Opt-out nicht erteilt, so gibt es für die maximal mögliche Anzahl an Journaldiensten pro Monat verschiedene Berechnungsmethoden und Ergebnisse. Unabhängig davon kann jedoch gesagt werden, dass für Dienstnehmer, die einer Erhöhung ihrer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit nicht zustimmen, zukünftig jedenfalls 3 Journaldienste pro Monat absolvieren können, ohne ihre durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche dauerhaft zu überschreiten.

Erhöht sich durch die Zustimmung zum Opt-out mein Haftungsrisiko bzw. verliert dadurch meine Berufshaftpflichtversicherung ihren Deckungsschutz?
Nein. Wie bisher erlaubt das Gesetz auch zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen (Betriebsvereinbarung und Opt-out) eine Erhöhung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeiten. Davon unabhängig sind die maximal durchgehenden Arbeitszeiten vom Opt-out nicht erfasst, da sich das Opt-out nur auf die wöchentliche Arbeitszeit, aber nicht auf die tägliche Arbeitszeit bezieht.

Sind also die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kommt es zu keiner Erhöhung der sogenannten Einlassfahrlässigkeit bzw. des Haftungsrisikos für den behandelnden Arzt.
Davon unabhängig wurde auch bereits von mehreren Versicherungsunternehmen bestätigt, dass bei gesetzeskonformer Umsetzung des KA-AZG bei einer Überschreitung der Arbeitszeitgrenze von 48 Stunden pro Woche keine Deckungseinwände erhoben werden.

Kann ich mein Opt-out wieder zurückziehen und wenn ja, innerhalb welcher Fristen?
Ja. Die persönliche Zustimmung kann jederzeit unter Einhaltung einer 8-wöchigen Frist zum Ende des Durchrechnungszeitraums schriftlich widerrufen werden. Wurde z. B. ein 52-wöchiger Durchrechnungszeitraum gültig vereinbart, so ist die Zustimmung jeweils 8 Wochen vor den drei Stichtagen (30. April, 31. August und 31. Dezember) möglich und wirkt ab dem Beginn des neuen Durchrechnungszeitraums (z. B. ab 1. Mai).

Mein Dienstgeber übt Druck auf mich aus – ich solle umgehend meine Zustimmung zum Opt-out erteilen. Was kann ich dagegen tun bzw. muss ich dieser Anordnung oder einer gesetzten Frist Folge leisten?
Das neue KA-AZG beinhaltet ein eindeutiges und klares Diskriminierungsverbot, das sich auf sämtliche Arbeitsbedingungen, die Verlängerung von Dienstverhältnissen, Entgeltbedingungen, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Aufstiegschancen und Beendigung des Dienstverhältnisses bezieht. Kein Dienstnehmer, der nicht „out optiert“, darf schlechter gestellt bzw. anders behandelt werden als bzw. wie ein Dienstnehmer, der seine Zustimmung zum Opt-out erteilt. Es darf keinerlei Druck auf Dienstnehmer in Zusammenhang mit der Zustimmung zum Opt-out ausgeübt werden. Etwaige Anordnungen oder Fristen seitens des Dienstgebers an den Dienstnehmer, seine Zustimmung zu geben, haben keine Gültigkeit. Die Betroffenen brauchen solche Anordnungen oder Fristen nicht zu befolgen. Es darf keine dienstrechtlichen Konsequenzen geben, der Dienstgeber handelt in einem solchen Fall rechtswidrig.

Warum gibt es vom Dienstgeber künftig keinen Opt-out-Zuschlag bzw. kein „Opt-out-Zuckerl“?
Jegliche Zuschläge im Rahmen der Entlohnung bzw. alle Besserstellungen für Dienstnehmer, die ihre Zustimmung zum Opt-out erteilt haben, würden gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen und sind daher gesetzlich verboten.

Kann ich, wenn ich „out optiere“, verpflichtend dafür herangezogen werden, die maximal zulässige Anzahl an Journaldiensten zu leisten (laut KA-AZG grundsätzlich 6 Journaldienste pro Monat bzw. auf 8 Journaldienste pro Monat erweiterbar)?
Grundsätzlich ja. Aufgrund der Möglichkeit des Widerrufs der Zustimmung wird es jedoch zukünftig für den Dienstgeber sinnvoll sein, den Wunsch des Dienstnehmers, (etwa maximal 5 Journaldienste pro Monat zu leisten), zu respektieren und dementsprechend umzusetzen. Sollte er dies nicht tun, muss er jederzeit damit rechnen, dass die betroffenen Ärztinnen und Ärzte ihre Zustimmung zum Opt-out zurückziehen. Die Konsequenz des Widerrufs wäre, dass der Dienstgeber diese Ärztin bzw. diesen Arzt praktisch nur noch für durchschnittlich 3 Journaldienste pro Monat einteilen könnte, anstatt für 5 (wenn er den Wunsch respektiert hätte).

Wird mit dem Ende der letzten Übergangsstufe des KA-AZG ab 1. Juli 2021 noch ein Opt-out möglich sein, und warum gibt es ab 1. Jänner 2015 überhaupt noch ein Opt-out und nicht sofort eine verpflichtende 48-Stunden-Woche?
Ab 1. Juli 2021 ist vom Gesetz kein generelles Opt-out mehr möglich. Ab diesem Zeitpunkt ist nur noch eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden erlaubt. Ausnahmen bestehen nur noch für außergewöhnliche und unvorhersehbare Fälle, wobei etwa Krankenstände innerhalb einer Abteilung keine unvorhersehbaren Fälle darstellen, da der Dienstgeber für diese Umstände grundsätzlich vorab Vorsorge zu treffen hat.
Die Möglichkeit der Zustimmung zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit selbst ist in der EU-Arbeitszeitrichtlinie geregelt. Das bedeutet, dass das KA-AZG bereits mit dem 1. Jänner 2015 richtlinienkonform umgesetzt ist. Nach Außerkrafttreten der Möglichkeit des Opt-out ist das österreichische KA-AZG strenger als die EU Arbeitszeitrichtlinie. Die EU Arbeitszeitrichtlinie erlaubt ausdrücklich die unbegrenzte Möglichkeit des Opt-out, das KA-AZG dann jedoch nicht mehr.
 

Mag. Daniel Wabnegg ist Jurist in der Kurie Angestellte Ärzte der Ärztekammer Steiermark. Er hat die Verhandlungen über das neue Dienst- und Besoldungsrecht fachlich begleitet.




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